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zu Schiff Indien besuchen und gewohnt sind, ihren Unterhalt mit Zwieback, Knoblauch, gedörrten Fischen und anderen von Schlemmern verabscheuten Speisen zu fristen. Besonders geeignet für uns sind ausgemergelte alte Weiber, die sich von jeher darauf verstanden, nächtlicherweile auf Böcken, Gabeln und schäbigen Mänteln37 reitend, unendliche Räume auf der Erde zu durcheilen. Aus Deutschland sind keine Männer geeignet, aber die dürren Leiber der Spanier weisen wir nicht zurück38.

Der ganze Weg, so lang er ist, wird in einer Zeit von höchstens 4 Stunden zurückgelegt39. Uns Vielbeschäftigten steht die Zeit zum Antritt der Reise nicht frei, wir erfahren davon erst, wenn der Mond in seinem östlichen Theile sich zu verfinstern beginnt. Bevor er wieder in vollem Lichte strahlt, müssen wir die Fahrt beendet haben, wenn nicht ihr Zweck vereitelt werden soll40. Da also die günstige Gelegenheit zur Abreise so plötzlich eintritt, können wir auch nur wenige aus Eurem Geschlechte mitnehmen, und zwar nur die, welche uns besonders ergeben sind. Schaarenweise stürzen wir uns auf den Auserwählten, unterstützen ihn alle und heben ihn schnell empor. Diese Anfangsbewegung ist für ihn die schlimmste41, denn er wird gerade so emporgeschleudert, als wenn er durch die Kraft des Pulvers gesprengt über Berge und Meere dahin flöge42. Deshalb muss er zuvor durch Opiate betäubt und seine Glieder sorgfältig verwahrt werden, damit sie ihm nicht vom Leibe gerissen, vielmehr die Gewalt des Rückschlages in den einzelnen Körpertheilen vertheilt bleibt. Sodann treffen ihn neue Schwierigkeiten: ungeheure Kälte43 sowie Athemnoth; gegen jene schützt uns unsere angeborene Kraft44, gegen diese ein vor Nase und Mund gehaltener feuchter Schwamm45. Wenn der erste Theil des Weges zurückgelegt ist, wird uns die Reise leichter46 dann geben wir unsere Begleiter frei und überlassen sie sich selbst: wie die Spinnen strecken und ballen sie sich zusammen und schaffen sich durch ihre eigne Kraft vorwärts47, so dass schliesslich ihre Körpermasse sich von selbst dem

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Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 006. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_034.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)