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Gesellschaft und ist sonach eine wahre Zeitstudie. Sein Werk ist, wie er mit gutem Bewußtseyn in dem Vorwort erklärt, welches zugleich ein schönes Ehrengedächtniß auf seinen längst verstorbenen Vater enthält, „kein farbenprächtiges Bild in stolzem, breitem Goldrahmen, kein bundgeschmücktes Kind der Zeit, das mit frivolem Witz zu unterhalten, mit verhüllter Lüsternheit zu reizen versteht. Auch der tönenden Phrase des Tages gab ich keinen Raum. Mir lag nur daran, daß das, was ich schreibe, wahr sei, wahr in der Empfindung und wahr in der Darstellung, so daß, wenn auch wenig wirklich Geschehenes meiner Erzählung zu Grunde liegt, dieselbe doch überall das faktisch Mögliche trifft. Nicht den Beifall der Menge: das Mitgefühl der Guten nur möchte ich erringen“ …

Alle die auftretenden Personen sind mit der gleichen Liebe gezeichnet, behandelt und durchgeführt. Da ist der reiche Großhändler Gottlieb Cornero, der herzlose mammonstolze Mann, und seine angeblich nervenkranke, eingebildete Frau, zwei so sicher aus dem Leben geschnittene Persönlichkeiten, daß man in jeder Stadt ihrem Ur- und Ebenbild begegnen könnte; nur ihr edler Sohn Edgar bildet eine Anomalie der elterlichen Race; ihr Hausarzt Dr. Pillensteiner ist ein gewöhnlicher Materialist, welcher seine ordinäre Denkweise durch feinere Formen kaum überkleidet. Den schäbigen Geldadel repräsentirt der Baron Spornschild, „Gründer“ der Aktien-Gesellschaft „Concordia“ und Schwiegervater des Baron Maier; das Kleeblatt bringt der Procurist und Roué Fritz Welker mit seinem lustigen Anhang zum Abschluß. Zwischendurch spielt eine beinahe heitere Gesellschaft: vorerst der alte „Schmiertiegel“, erst Chemiker und Bierbrauer, der so kunstreichen Stoff versott, daß er verarmte und nun als Schnapsbruder elendiglich vegetirt; dann die Gauner und Spitzbuben „Storch, Steigerhanns und Roßwürger“, ein Trio, wie sie nur ein Staatsanwalt mit so photographischer Wahrheit zu zeichnen vermag. Dazu gehört auch der „blinde

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Joseph Kehrein: Der bayerische Dichter Franz Bonn. In Commission der Literarisch-artistischen Anstalt, München 1881, Seite 604. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kehrein_Franz_Bonn.djvu/12&oldid=- (Version vom 1.8.2018)