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840 Methodenlehre III. Hauptst. 840

systematische Einheit aus dem Standpuncte der Zwecke vorschreibe.

 Wesentliche Zwecke sind darum noch nicht die höchsten, deren (bey vollkommener systematischer Einheit der Vernunft) nur ein einziger seyn kan. Daher sind sie entweder der Endzweck, oder subalterne Zwecke, die zu ienem als Mittel nothwendig gehören. Der erstere ist kein anderer, als die ganze Bestimmung des Menschen und die Philosophie über dieselbe heißt Moral. Um dieses Vorzugs willen, den die Moralphilosophie vor aller anderen Vernunftbewerbung hat, verstand man auch bey den Alten unter dem Nahmen des Philosophen iederzeit zugleich und vorzüglich den Moralist und selbst macht der äussere Schein der Selbstbeherrschung durch Vernunft, daß man iemanden noch iezt, bey seinem eingeschränkten Wissen, nach einer gewissen Analogie, Philosoph nent.

 Die Gesezgebung der menschlichen Vernunft (Philosophie) hat nun zwey Gegenstände: Natur und Freiheit und enthält also sowol das Naturgesetz, als auch das Sittengesetz, anfangs in zwei besondern, zulezt aber in einem einzigen philosophischen System. Die Philosophie der Natur geht auf alles, was da ist, die der Sitten nur auf das, was da seyn soll.

 Alle Philosophie aber ist entweder Erkentniß aus reiner Vernunft, oder Vernunfterkentniß aus empirischen Principien. Die erstere heißt reine, die zweite empirische Philosophie.

Die
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 840. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_840.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)