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835 Die Architectonik der reinen Vernunft. 835

technisch zusammengesezt haben, es uns denn allererst möglich ist, die Idee in hellerem Lichte zu erblicken und ein Ganzes nach den Zwecken der Vernunft architectonisch zu entwerfen. Die Systeme scheinen, wie Gewürme, durch eine generatio equivoca, aus dem blossen Zusammenfluß von aufgesammelten Begriffen, anfangs verstümmelt, mit der Zeit vollständig, gebildet worden zu seyn, ob sie gleich alle insgesamt ihr Schema, als den ursprünglichen Keim, in der sich blos auswickelnden Vernunft hatten und darum, nicht allein ein iedes vor sich nach einer Idee gegliedert, sondern noch dazu alle unter einander in einem System menschlicher Erkentniß wiederum als Glieder eines Ganzen zweckmässig vereinigt seyn und eine Architectonik alles menschlichen Wissens erlauben, die ieziger Zeit, da schon so viel Stoff gesammelt ist, oder aus Ruinen eingefallener alter Gebäude genommen werden kan, nicht allein möglich, sondern nicht einmal so gar schwer seyn würde. Wir begnügen uns hier mit der Vollendung unseres Geschäftes, nemlich, lediglich die Architectonik aller Erkentniß aus reiner Vernunft zu entwerfen und fangen nur von dem Puncte an, wo sich die allgemeine Wurzel unserer Erkentnißkraft theilt und zwey Stämme auswirft, deren einer Vernunft ist. Ich verstehe hier aber unter Vernunft das ganze obere Erkentnißvermögen und setze also das rationale dem empirischen entgegen.

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 Wenn ich von allem Inhalte der Erkentniß, obiectiv betrachtet, abstrahire, so ist alles Erkentniß, subiectiv

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 835. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_835.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)