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295 Einleitung. 295

Handlung des Verstandes von der Kraft, die sich mit einmengt, zu unterscheiden, wird es daher nöthig seyn, das irrige Urtheil als die Diagonale zwischen zwey Kräften anzusehen, die das Urtheil nach zwey verschiedenen Richtungen bestimmen, die gleichsam einen Winkel einschliessen, und iene zusammengesezte Wirkung in die einfache des Verstandes und der Sinnlichkeit aufzulösen, welches in reinen Urtheilen a priori durch transscendentale Ueberlegung geschehen muß, wodurch (wie schon angezeigt worden) ieder Vorstellung ihre Stelle in der ihr angemessenen Erkentnißkraft angewiesen, mithin auch der Einfluß der lezteren auf iene unterschieden wird.

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 Unser Geschäfte ist hier nicht vom empirischen Scheine (z. B. dem optischen) zu handeln, der sich bey dem empirischen Gebrauche sonst richtiger Verstandesregeln vorfindet und durch welchen die Urtheilskraft, durch den Einfluß der Einbildung verleitet wird, sondern wir haben es mit dem transscendentalen Scheine allein zu thun, der auf Grundsätze einfließt, deren Gebrauch nicht einmal auf Erfahrung angelegt ist, als in welchem Falle wir doch wenigstens einen Probierstein ihrer Richtigkeit haben würden, sondern der uns selbst, wider alle Warnungen der Critik, gänzlich über den empirischen Gebrauch der Categorien wegführt und uns mit dem Blendwerke einer Erweiterung des reinen Verstandes hinhält. Wir wollen die Grundsätze, deren Anwendung sich ganz und gar in den Schranken

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_295.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)