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165 III. Absch. Systemat. Vorstellung aller etc. 165

Linien grösser und kleiner ziehen, imgleichen nach allerley beliebigen Winkeln kan zusammenstossen lassen. Dagegen ist die Zahl 7 nur auf eine einzige Art möglich, und auch die Zahl 12, die durch die Synthesis der ersteren mit 5 erzeugt wird. Dergleichen Sätze muß man also nicht Axiomen, (denn sonst gäbe es deren unendliche) sondern Zahlformeln nennen.

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 Dieser transscendentale Grundsatz der Mathematik der Erscheinungen giebt unserem Erkentniß a priori grosse Erweiterung. Denn er ist es allein, welcher die reine Mathematik in ihrer ganzen Präcision auf Gegenstände der Erfahrung anwendbar macht, welches ohne diesen Grundsatz nicht so von selbst erhellen möchte, ia auch manchen Widerspruch veranlasset hat. Erscheinungen sind keine Dinge an sich selbst. Die empirische Anschauung ist nur durch die reine (des Raumes und der Zeit) möglich; was also die Geometrie von dieser sagt, gilt auch ohne Widerrede von iener, und die Ausflüchte, als wenn Gegenstände der Sinne nicht den Regeln der Construction im Raume (z. E. der unendlichen Theilbarkeit der Linien oder Winkel) gemäß seyn dürfe, muß wegfallen. Denn dadurch spricht man dem Raume und mit ihm zugleich aller Mathematik obiective Gültigkeit ab, und weis nicht mehr, warum, und wie weit sie auf Erscheinungen anzuwenden sey. Die Synthesis der Räume und Zeiten, als der wesentlichen Form aller Anschauung, ist das, was zugleich die Apprehension

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_165.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)