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11 Einleitung. 11

dienen könne. Es heißt aber iede Erkentniß rein, die mit nichts Fremdartigen vermischt ist. Besonders aber wird eine Erkentniß schlechthin rein genant, in die sich überhaupt keine Erfahrung oder Empfindung einmischt, welche mithin völlig a priori möglich ist. Nun ist Vernunft das Vermögen, welches die Principien der Erkentniß a priori an die Hand giebt. Daher ist reine Vernunft dieienige, welche die Principien etwas schlechthin a priori zu erkennen, enthält. Ein Organon der reinen Vernunft würde ein Inbegriff derienigen Principien seyn, nach denen alle reine Erkentnisse a priori können erworben und wirklich zu Stande gebracht werden. Die ausführliche Anwendung eines solchen Organon würde ein System der reinen Vernunft verschaffen. Da dieses aber sehr viel verlangt ist, und es noch dahin steht, ob auch überhaupt eine solche Erweiterung unserer Erkentniß, und in welchen Fällen sie möglich sey; so können wir eine Wissenschaft der blossen Beurtheilung der reinen Vernunft, ihrer Quellen und Grenzen, als die Propädevtick zum System der reinen Vernunft ansehen. Eine solche würde nicht eine Doctrin, sondern nur Critik der reinen Vernunft heissen müssen, und ihr Nutze würde wirklich nur negativ seyn, nicht zur Erweiterung, sondern nur zur Läuterung unserer Vernunft dienen, und sie von Irrthümern frey halten, welches schon sehr viel gewonnen ist. Ich nenne alle Erkentniß transscendental, die sich nicht so wohl mit Gegenständen, sondern mit unsern Begriffen a priori von Gegenständen

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 011. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_011.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)