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Voltaire: Kandide. Erster Theil

Kaltblütigkeit gegen Kandiden wandte. Kandide gab Gertruden zweitausend Piaster, und Bruder Viola’n tausend. Nun werden sie glüklich sein, sagte er, dafür haft’ ich. Ich warlich nicht! versezte Martin. Vielleicht machen Sie sie dadurch noch unglüklicher. Mag’s ausfallen, wie’s will! sagte Kandide. Ich tröste mich jezt damit, daß ich sehe, wie man oft Leute wiederfindet, die man nie wiederzufinden verhoft hat; da ich meinen roten Hammel und Gertruden wiedergefunden habe, so kann sich’s wohl noch fügen, daß ich Kunegunden wieder antreffe.

Martin. Ich wünsch’ es von Herzen, daß dieselbe Sie dereinst glüklich machen möge; zweifle aber noch sehr daran.

Kandide. Hartherziger Mann.

Martin. Was gar nicht zu verwundern. Ich habe lang’ in der Welt gelebt.

Kandide. Sehn Sie einmal jene Gondelführer an. Singen sie nicht mit dem frohsten Herzen vom frühen Morgen an bis zum dämmernden Abend.

Martin. Werfen Sie einmal einen Blik in ihre vier Pfäle! Da werden Sie sehn, wie sie schmollen bei ihren Weibern und ihren Wechselbälgen von Kindern; Sie werden finden, daß Sorg’ und Verdrus sowohl unterm Schindeldache

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_159.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2021)