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Voltaire: Kandide. Erster Theil

müssen; bald ’nen alten Kaufmann, bald ’nen Advokaten, bald ’nen Mönch, bald ’nen Gondelführer, bald ’nen Abbáte; jeder Beschimpfung Preis gegeben zu sein; zum Schuhhader gebraucht zu werden. Oft ist man so rein herunter, daß man vom Juden ein armselig Fähnchen borgen mus, um sich’s von der ekelhaftesten, fatalsten Prise, vom schlechtesten Schufte aufdekken zu lassen. Das Bischen, was man von dem Einen verdient, wird einem von dem andern wegstipizt; man schwebt immer unterm Klauen der heiligen Engel, und hat im Prospekt weiter nichts als das Zuchthaus oder gar das Lazaret oder den Misthaufen, woselbst alsdann das abgemergelte halbverfaulte, verrunzelte und verschrunzelte Geripp, fast in der Blüte der Jahre sein Leben verkeuchen mus.

Wenn Sie Sich das alles so recht lebhaft denken, so werden Sie sehn, daß es keine unglüklichere Kreatur auf der Welt gibt, als mich.

So schüttete Gertrud in einem Kabinet ihr Herz gegen den biedern Kandiden aus. Ha! halb wär’ 'die Wette gewonnen! rief Martin, der mit zugegen war. Bruder Viola war im Speisesaal geblieben, und hatte sich derweil’ an eine Flasche Cyperwein gemacht.

„Du sahst mir aber so fröhlich, so zufrieden aus, Trudchen., wie ich Dir begegnete, sangst

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_156.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)