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Voltaire: Kandide. Erster Theil

Die Dame. Nun, glühen Sie noch immer für Mademoiselle Cunegonde von Dundertronksaus?

Kandide. Noch immer, gnädige Frau!

Marquise (mit einem zärtlichen Lächeln). Geantwortet, wie ein echter junger Westphale. Ein Franzos an Ihrer Stelle hätte zu mir gesagt: Bisher Madam; seit ich Sie aber gesehn, besorg’ ich sehr, Mademoiselle Cunegonde nicht mehr zu lieben.

Kandide. O, Madame sprechen Sie, was ich sagen soll, ich will ja alles sagen.

Marquise. Ihre Leidenschaft für die Baronne begann dadurch, daß Sie ihr Schnupftuch aufhoben, jezt sollen Sie mir mein Strumpfband aufnehmen.

Herzlich gern, Madam, sagte Kandide, und hob’s auf. Sie müssen mir’s nun wieder umbinden, hub die Dame an, und Kandide that’s. Sehn Sie, sagte die Dame, Sie sind ein Ausländer, meine Pariser Liebhaber lass’ ich manchmal funfzehn Tage schmachten, Ihnen aber ergeb’ ich mich in der ersten Nacht, denn einem jungen Westphalen mus man die Honneurs seines Landes machen.

Die Dame war Französin, Kandide glühend vom Wein, noch glühender von den Reizen, die er oberhalb des Kniees der Marquise

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_140.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2021)