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Voltaire: Kandide. Erster Theil

Herr van der Dendur Dich so verstümmelt? frug Kandide.

„Wohl, lieber Herr. Das ist nun schon enmal so eingeführt. Alle Jahr krigen wir zwei Paar Leinwandhosen, und weiter auch kein Flittchen, uns zu bedekken. Huscht mal die Zukkermühle, worin wir arbeiten müssen, uns einen Finger weg; schwap! schlagen sie uns die Hand ab, und wollen wir davonlaufen, hakken sie uns das Been weg. Mir ist das beides gearrivirt. – Sehn Sie, um den Preis krigen Sie in Europa den Zukker zu essen! Und doch sagte meine Mutter zu mir, wie sie mich für zehn Albertusthaler auf der Küste von Guinea verkaufte: Liebes Herzenskind, trauter Kapito, preis’ und danke unsern Fetischen, und bete sie immer an; sie werden Dir ein langes, glükliches Leben schenken. Du hast die Ehre, ein Slave von unsern Herren, den Weissen zu werden, und machst dadurch Vater und Mutter glüklich.“

„Ob sies geworden sind, wees ich nu nicht; daß ich’s aber nicht geworden bin, das wees der liebe Gott im Himmel! Hund und Aff’ und Papagei hat tausendmal weniger auszustehn als ich. Ich werde schuriegelt, h’runtergerakkert wie all’ nichts guts. Die Holländischen Fetischirs, die mich bekehrt haben, schwazen

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_110.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)