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Voltaire: Kandide. Erster Theil

Rührung versezt, ergriff mit Wärme ihre Hand, und wollte sie zum Munde führen. „Ne, das wollt’ ich mir sehr verbeten haben; das gebührt mir nicht. Na, Morgen bin ich wieder da. Brauchen Sie nur die Pomade recht hübsch, lieber junger Herr, und speisen Sie und ruhen Sie fein wohl.“

Das that denn Kandide; aas und schlief recht gut, so hart ihn auch so vielerlei Ungemach zu Boden drükte. Den folgenden Morgen brachte ihm die Matrone zu frühstükken, besichtigte seinen Rükken, und salbte ihn mit einer andern Salbe; gegen Mittag brachte sie ihm zu essen und gegen Abend gleichfalls. Grade so machte sie’s auch folgendes Tages. Wer ist Sie, gute Alte? fragte Kandide jedesmal. Was bewegt Sie zu dem liebreichen Betragen? Sag Sie, wie kann ich dafür erkenntlich sein? Kein stummes Wörtchen war von der Alten herauszubringen. Gegen Abend kam sie wieder, aber ganz leer. Kommen Sie mit, sagte sie, aber mäuschenstill!

Sie nimmt ihn beim Arm, und führt ihn wohl eine Viertelmeile weit über Feld. Nunmehr befanden sie sich bey einem freiliegenden Hause, mit Gärten und Kanälen umgeben. Die Alte pocht an ein Pförtchen. Es wird aufgethan, und Kandide von seiner Führerin eine Winkeltreppe

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_034.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)