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Voltaire: Kandide. Erster Theil

wissen davon noch nichts bis auf den heutigen Tag. Indes giebt’s einen zureichenden Grund, daß in den Folgejahrhunderten auch an diese Völker die Reihe kommen wird, sie kennen zu lernen. Derweil’ aber macht sie bei uns ganz erstaunend schnelle Fortschritte, zumal in den grossen Armeen, welche aus lauter wakkern, wohlerzogenen Mietlingen bestehn, die das Schiksal der Staaten entscheiden. Man kann behaupten, wenn dreissigtausend Mann gegen eine eben so starke Armee in Schlachtordnung stehn, daß sich auf jeder Seite ungefähr an die zwanzigtausend befinden, die die Fr**n haben.

Kandide. Alles gut, lieber Magister, aber jezt müssen Sie auf Ihre Kur denken.

Panglos. Auf meine Kur denken, und habe keinen Heller. Sie müssen wissen, liebes Kind, auf Gottes weitem runden Erdboden giebt’s keine Seele, die einem zur Ader lässt oder ein Klistier sezt, wenn man’s nicht bezahlen kann, oder nicht einen hat, der’s an unsrer Stelle thut.

Panglosens lezte Worte bestimmten Kandiden; er flog zu seinem mitleidigen Wiedertäufer, warf sich ihm zu Füssen und malte seines Freundes Zustand mit so warmem, kräftigem Pinsel, daß dieser Biedermann den Magister ohn’ alle Schwierigkeit annam und ihn auf seine Kosten heilen lies.

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_022.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2021)