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Voltaire: Kandide. Erster Theil

Ihre Tochter, die Barones Kunegunde, war ein munters, rundes, rothbäkkiges Ding, siebzehn Sommer alt, und gar lieblich anzuschauen; Junker Polde, ihr Bruder, ein würdiges Ebenbild des gnädigen Herrn Papa. Magister Panglos, der Hofmeister der jungen Herrschaft, stellte das Hausorakel vor. Der junge Kandide schlukte jegliche seiner Lehren mit der Treuherzigkeit hinter, die seinem Alter und Karakter gemäs war.

Panglos lehrte die Metaphysiko-theologo-kosmolo-nigologie; bewies mit der stärksten philosophischen Suade, daß ohne Ursach keine Wirkung sein könne, und daß in dieser besten aller möglichen Welten das Schlos des gnädigen Herrn Barons das schönste aller Schlösser sei und die gnädige Frau die beste aller möglichen Baroninnen.

Es ist bereits klärlich dargethan, hub er zu demonstriren an, daß die Dinge nicht anders sein können, als sie sind; denn alldieweil alles, was da ist, zu einem Endzweck geschaffen worden, so zielt nothwendig alles zu dem besten Endzwek ab. Gebt nur Acht, und Ihr werdet diese Grundwahrheit durchgängig bestätigt finden. Betrachtet zum Beispiel Eure Nasen. Sie wurden gemacht, um Brillen zu tragen, und man trägt auch welche. Eure Beine: Ihr empfingt sie,

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_005.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)