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VII

Rahns Schweizer Chronik meldet, „Das schon zu Aberhams des Patriarchen Zeiten
und Nini des Babilonischen Königs Selodor & Thuricus, in die helvetischen Lande
gekommen, da dieser die Stadt Zürich, Jener die Stadt Solothurn, Er-
bauen 2000 Jahr nach erschaffung der Welt“. Also verändern sich ganze Staaten
das Glük und unglük mit den Völckern abwechslen, und die menschen von jeher
suchten einander zu unterjochen und unterdrücken, nach dem lauf der Welt.
     Arx neue St. Galler cronic, die Helvetier hielt man für einen Volksstamm
der Gallier; die Tiguriner machten einen Gau der Helvetier auß, der das zwischen
dem bodensee und Zürichsee gelegene Land begriff, dieses Volk war in seiner
Lebens art, Sitten und Wuchs, seinen nachbaren, den Deütschen gleich oder sehr ähnlich.
Welche eine hohe Leibes Gestalt, weiße Gesichter, blonde Haare, blaue Augen
haten, von der Jagd und Viehzucht lebten, sich mit den rauen Häuten der
wilden Thiere bekleideten, so das sich die Hörner, welche sie an den Häuten
hängen ließen, auf den Kopf sezten, und in schlechten Hütten, die auß runden
unbeschlagenen Baumstämmen verfertiget waren, wohnten. pag. 4.
     Doch waren die Helvetier weniger Wild als die Deütschen; sie wohnten in Flecken
treiben einigermaßen den Feldbau, und Wußten ihre Sprache zuschreiben, dem
unerachtet war doch das Land nach öde und mit Wäldern bedeckt; selbst die
jetzt so schönen und fruchtbaren ufer des Bodensees waren wegen den schrökl.
Waldungen unwandelbar, und so wild das nicht ein eintziger fruchtbarer Baum
gedeien konnte. Der Rhein, welchen in seinem laufe auf einer grosen Fläche
keine Dämme zwangen sich ein bett zugraben, war nicht im stande seine Waßer
fort zu schieben; er setzte selbe allenthalben ab, und bildete dadurch einen
Sumpf, der eben so lang alß der Bodensee war, und die Ebenen des Rheingaus
oder Rheinthals bis auf Ragaz hinauf bedeckte. Nach andern Geschicht schreiber fragt
[AU 1] es sich, ob eß nicht zur Zeit der Helvetier, in unserm jetzigen Appenzellerland auch schon
Hirten und Jäger gehabt, ist ungewüß, doch sehr glaubwürdig, das in Herisau wenigstens
schon gewesen, da der Wachtthurm ist gebauen worden, und die Römer da gute
Weiden und Futer für ihre pferdt gefunden haben, das aber hernach wieder zur
Wildnus Einöde worden durch die außwanderung ist ebenso glaubwürdig,
wie darvon der berühmte Geschicht schreiber Müller meldet. Pag.
      Das alte Helvetien habe drithalbhunderttaußend Einwohner gehabt, ohngefehr vast
die gleiche gröse und Grentzen wie hernach die Schwiz bekommen habe.
      Durch die auswanderung und Krieg verlohren die Helvetier so viele Leut das nur der drite
oder viertetheil wieder zuruk gekommen, und die meisten sich am ufer des Rheins bey
Baßel sich nidergelaßen, das die andern ort Helvetien entvölckert öd und unbewohnt
geworden, das bey 600 Jahr lang eß nicht mehr in vorigen Zustand kommen, laut M.G.
Aventicum (Wiflisburg) wurde verbrandt, kein Geschichtschreiber hat ihren lesten Tag angemerkt.
Ammianus Marzellinus erwähnt am Ende des vierten Jahrhunderts. „Jn den Gegenden
des [Peninischen?] Gebürgs lige Aventicum nun verlaßen, aber grose Trümmer zeugen von
ihrem ehemals beträchtlichen Flor, man siehet nach den umkreis ihrer mauren, der pflug
stößt auf bilder, Altäre und Gräber, die Kostbarkeit vieler Trümmer, die menge der
münzen sind Spuhren alten Reichthums, an vielen orten sey kaum ein schuh hoch das
Erdreich über den Trümmern gelegen, u. 8 bis 10 schuh Tief das Pflaster unter der Erden.


  1. anmerckung. Die Helvetier schreibten ihre Sprache mit griechischen buchstaben.