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„unse Herre“ genannt), im Nebendorfe, außer dem Bauermeister, der Schulmeister. Die ländlichen Wohnungen und Gehöfte tragen in den Marschen einen holländischen Charakter an sich, große Sauberkeit und buntfarbige Eleganz; auf der Geest hingegen bewahren sie treu den mehr als tausendjährigen niedersächsischen Typus, wie ihn Justus Möser so beredt geschildert hat. Das Wirthschaftsgebäude, beschattet von kräftigen Eichen, welche schon Plinius als die höchsten in ganz Deutschland rühmt, liegt möglichst in der Mitte der Ländereien; der eine Giebel trägt die zwei sächsischen Pferdeköpfe, der andere das Nest des Storches, als des beliebten Sommer-Gastes. Von dem mit Nebengebäuden und Düngerhaufen besetzten Hofe tritt man durch die Flügel der mächtigen Hausthür in die von den Viehställen eingeschlossene Dreschdiele: in deren Hintergrunde lodert auf offenem Heerde das Feuer, über welchem an seinem Haken der Kessel schwebt; und die Wand, welche Wohnstube und Kammern absondert, prunket mit blanken Schüsseln, Tellern und dergl. Schornsteine und Ziegeldächer gelten als ein seltener Luxus; denn der Torfrauch mag sich selbst, wo er kann, einen Abzug suchen; das Strohdach aber bringt im Winter Wärme, im Sommer Kühlung. Die Linde, als Versammlungsplatz der Gemeinde, ist vielerwärts verschwunden, und eben so die Raths- und Gerichts-Stätten ganzer Landschaften unter freiem Himmel; z. B. der Wordings-Acker bei Otterndorf und die Stalleiche (ähnlich dem Upstallsboom in Ostfriesland, von Stallum, dem Richtersitze) in Hagen: nur Land Kehdingen ehrt und benutzt noch jetzt seinen mit Bäumen bepflanzten Schinckel. Die Namm der Dorfschaften deuten meist durch die Endsilben ihren Ursprung an; so in der Marsch Twielenfleth und Rechtenfleth, Grünendeich und Krummendeich: auf der Geest endigen sehr viele Namen mit stedt (fester Stätte); als Beverstedt, Ringstedt, Bargstedt, welche denn das Volk durch Abkürzung mundgerecht macht: Beverst, Ringst, Bargst, und sogar Berkste für Bederkesa. Hagen und Bram (Bramstedt) bezeichnen eine Grenze; Borstel und Büttel eine Anhöhe; Berhövede und Visselhövede heißen so von dem Haupte oder der Quelle

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 012. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_012.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)