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auch ein Thurm, der aber jetzt unzugänglich ist. Vor einigen Jahren hat hier der Blitz gezündet und die an sich sehr malerische Ruine hat dadurch an pittoreskem Effekt noch gewonnen. Ernst und doch recht innerlich froh wandelte ich auf diesem Schauplatze alter Größe, auch wohl alter Verbrechen umher, horchte auf das Echo, das noch immer wie mit Geisterstimmen feierlich durch Berg und Wald hallte, und ließ mir von dem neben mir her hinkenden, invaliden Schloßverwalter, der hier mit dem Titel eines Herrn Kommandanten beehrt wird, alte Sagen erzählen: von einem alten Wolf, dem man die Zähne ausgebrochen, und der viele Jahre lang in der nämlichen Küche, auf deren zusammengesunkenen Gemäuer wir standen, den Bratspieß gewendet hatte, und doch zuletzt ein halb gar gebratnes Lamm fraß, um eine alte Prophezeiung zu erfüllen, die seinem in Ansehn und Ehre lebenden Herrn den Tod auf dem Schaffot verkündigte.

Auch von einem wunderschönen Fräulein Kunigunde, das stolz und spröde, keinem Ritter die Hand geben wollte, der nicht auf der nämlichen Mauer, an die ich mich lehnte, dreimal rings um das Schloß geritten wäre. Und, wie zwar viele hundert schöne, tapfere Ritter sammt ihren Rossen

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_139.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)