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dünne gesäet. Die Nacht durchzufahren erlaubten die immer schlechter gewordenen Wege uns nicht. Wir fuhren indessen auf gut Glück aus, und fanden bald, daß Znaym wie eine grüne Oase mitten in jener langweiligen unabsehbaren Getreidewüste liegt. Unerachtet der Fruchtbarkeit des Landes erblickten wir doch überall in den wenigen Dörfern, durch die wir kamen, Spuren der bittersten Armuth, zerlumpte elende Menschen, mit dem Ausdruck gefühlloser Unwissenheit in den verwilderten Zügen.

Mit Sonnenuntergang erreichten wir das Dorf Budwitz. Der neuangestrichene Gasthof sah von Außen so einladend aus, daß wir, ermüdet wie wir waren, in demselben zu übernachten beschlossen. Es war ein unglücklicher Einfall, es wäre weit besser gewesen, auf die Gefahr hin, umgeworfen zu werden, sich die ganze Nacht auf dem bösen Wege durchschütteln zu lassen. Wir fanden ein großes leeres Haus, schmutzig, wie uns, seit wir das südliche Frankreich verlassen, noch keins vorgekommen war, und in allen Ecken die tiefste unleidlichste Armuth. Von Betttüchern wußten die Leute in diesem Hause gar nichts, sie machten Anstalt, sie durch Tischtücher zu ersetzen, welche, wie Probekarten aller Mahlzeiten, welche seit drei Monaten hier verzehrt worden waren, aussahen;

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_106.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)