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Solange sie sich noch sicher fühlten, hat man auf keinen aus uns den Verdacht des Verrathes geworfen! 255 Wollen sie andererseits die Schuld auf das ganze Volk wälzen, so konnte die Berathung doch wohl nur eine öffentliche sein, und war die Versammlung Jedermann zugänglich. Dann hätte aber das Gerücht davon, weil die Sache ganz öffentlich war, schneller, als die jetzt erfolgte Botschaft, zu euch dringen müssen. Was nun aber weiter? 256 Mussten denn jene, die für den Frieden stimmten, nicht auch Gesandte abschicken? Und wer ist denn dazu gewählt worden, wenn man fragen darf? – 257 Doch, es ist ja das Ganze nur eine Erfindung von Leuten, die dem Tode auskommen und die schon dräuende Rache vereiteln möchten. Denn, wenn wirklich die Stadt durch das Schicksal dazu bestimmt ist, verrathen zu werden, so könnte auch dieser Schurkenstreich nur jenen Verleumdern vorbehalten sein, deren Schandthaten nur noch eine Erbärmlichkeit abgeht, der Verrath. 258 Da ihr aber nun einmal mit den Waffen in der Hand vor uns steht, so wäre es eure Pflicht, und würdet ihr der Gerechtigkeit den schönsten Dienst erweisen, wenn ihr der Hauptstadt zu ihrer Vertheidigung euren Arm leihen und mithelfen würdet an der Aushebung der Tyrannenbrut, die nach Unterdrückung der Gerichte alle Gesetze mit Füßen getreten, Recht und Urtheil auf die Spitze ihrer Schwerter gestellt hat. 259 Haben sie doch erlauchte Männer mitten vom Marktplatz ohne eine Anklage weggeschleppt, mit Fesseln beladen und endlich, ohne sich an ihr Wehgeschrei oder Flehen zu kehren, hingeschlachtet. 260 Es steht euch frei, allerdings nicht als Feinde, in die Stadt hereinzukommen und euch selbst die Beweise für meine Behauptungen anzuschauen: die von den Plünderern verwüsteten Häuser, die Frauen und Kinder der Ermordeten in schwarzen Trauerkleidern, Schluchzen und Weheklagen in der ganzen Stadt; denn es gibt ja niemand unter uns, der nicht den Schurken in die Quere gekommen ist und ihre Streiche verkostet hat. 261 So groß ist der Abgrund, in den ihre Tollheit gestürzt ist, dass sie nach dem Lande und den übrigen Städten auch das Antlitz, sozusagen, und das Haupt der ganzen Nation, Jerusalem, und nach Jerusalem auch noch das Heiligthum selbst mit ihrem räuberischen Frevelmuthe besudelt haben. 262 Der Tempel ist ihnen Kriegslager und Schlupfwinkel, wie auch das Arsenal geworden, wo sie ihre Waffen gegen uns schmieden, und so wird diese von der ganzen Welt verehrte und selbst den an den Grenzen des Erdkreises wohnenden fremden Völkern, wenigstens vom Hörensagen, ehrwürdige Stätte von diesen landesgebornen Bestien zertreten. 263 Bereits in einer verzweifelten Lage, machen sie sich noch den Scherz, Volk gegen Volk und eine Stadt gegen die andere aufzuhetzen und

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 325. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/325&oldid=- (Version vom 1.8.2018)