Seite:Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft 1 (1843).pdf/391

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

zu diesem Zwecke bestellten böhmischen Lehrer[1] an den Gymnasien haben, es unterdess wenigstens hinreichen würde, wenn bis zur vollständigen Erfüllung des allerhöchsten Willens in den Gymnasien Böhmens, Mährens und Schlesiens wenigstens zwei, in den deutschen aber wenigstens vier Stunden wöchentlich in einer jeden Klasse auf den ausserordentlichen Unterricht in der böhmischen Sprache verwendet würden, so dass man in den ersten zwei Klassen Böhmisch lesen und schreiben, mit Rücksicht auf die allgemeine Regel, lernte, die Bedeutung der Worte sich einprägte, ihre Wurzeln nach Möglichkeit untersuchte, und was in den regelmässigen Lehrstunden aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt worden, hier auch zugleich in das Böhmische übertrage; dass dann in der dritten und vierten Klasse die böhmische Grammatik mit der Orthographie vorgetragen, dass fleissig mündliche und schriftliche Uebersetzungen aus dem Lateinischen und sorgfältige Rücksicht dabei auf Grammatik und Orthographie, so wie besondere auf den Geist der Sprache genommen würde; dass endlich in der fünften und sechsten Klasse neben den Uebersetzungen aus dem Lateinischen, Griechischen und Deutschen die Schüler auch über die Syntax der böhmischen Sprache und die analogische Ableitung der Wörter unterrichtet und in der Abfassung schriftlicher Aufsätze nach den in der Klasse vorgetragenen Regeln geübt würden.

 An den Gymnasien, wo es weniger Schüler gibt, könnten je zwei Klassen zusammenkommen, so dass das, was der niedrigen Abtheilung als neu vorgetragen würde, der höheren zur Wiederholung diente, besonders in der dritten und vierten Klasse, wo man alljährlich mit der Grammatik und Orthographie anfangen und auch zu Ende kommen könnte; dadurch würde Zeit und Mühe erspart.

 Haben wir nun leider bekannter Weise selbst in Böhmen (geschweige denn in Mähren und Schlesien) in der böhmischen Sprache gründlich ausgebildete Lehrer an den Gymnasien keineswegs zum Ueberfluss, so ist es gleichwohl wahr, dass sich beinahe auf jedem Gymnasium ein oder der andere und selbst mehrere Männer finden würden, welche aus reiner Liebe und Anhänglichkeit für die gute Sache zwei und auch mehr Stunden wöchentlich zu diesem Zwecke verwenden würden, so dass auf jedem Gymnasium zwei oder drei Männer zu diesem Unterricht ausreichen würden. Auf diese Weise könnte mit der Zeit in allen lateinischen Schulen der Unterricht in der böhmischen Sprache in gleicher Maasse ertheilt werden und es stände leichtlich zu erwarten, dass wir bald dahin kämen, alljährlich öffentliche Rechenschaft abzulegen darüber, wie sehr sich jeder Schüler im vergangenen Jahre der böhmischen Sprache befleissigt hat; es könnten dann, wie dies auf den italienisch-östreichischen Gymnasien mit dem Deutschen geschieht, am Ende eines jeden Jahres ebenfalls sogenannte Klassen (Censuren) aus der böhmischen Sprache gegeben und wie in den übrigen Gegenständen mit gleicher Gültigkeit durch den Druck veröffentlicht werden. Dann würde sicherlich jeder von uns seine Schüler leicht zum Erlernen des Böhmischen anhalten und dem allerhöchsten und allergnädigsten Willen genugthun können.

 Damit aber die Schüler auch ausserdem in ihrer Muttersprache und ihrem Geiste gehörig vorwärts kommen und einigermassen gleichen Schritt mit dem Deutschen machen und die eine wie die andere Sprache gleicher Weise erlernen und vollständig sich aneignen könnten, bedarf es guter und dem jugendlichen Alter angemessener böhmischer Bücher, welche man den Schülern alsbald in der ersten Klasse zum Lesen geben und nach Bedürfniss und Wunsch weiter erklären könnte. Durch solch ein eifriges Lesen würde die Jugend nicht nur in Grammatik


  1. Was noch nicht ist, kann werden; lasst uns nur hoffen und den allerhöchsten Willen befolgen. Der Nutzen, wenn ein jedes Gymnasium seinen besonderen Lehrer der böhmischen Sprache hatte, wäre ausserordentlich, nicht blos für die Aemter, sondern auch für das Volk selbst, da dann die Schüler nicht blos fremde, sondern auch ihre Heimaths-angelegenheiten kennen lernen würden.
    Anm. d. Red. d. Zeitschr. d. Mus.
Empfohlene Zitierweise:
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 380. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/391&oldid=- (Version vom 14.2.2021)