Seite:Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft 1 (1843).pdf/341

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

anders sprechenden Bewohner des Reichs, dass gleichwie sie bisher auf die Sprachverhältnisse des Privatverkehrs nicht unterdrückend eingewirkt, sie dies auch für die Zukunft nicht in Absicht hätten.“ — Aus dieser Erklärung der die Deputirtentafel beherrschenden Partei leuchtet nun klar hervor, α) dass sie die nicht magyarischen Sprachen in Ungarn und den verbundenen Ländern in den engen Kreis des mündlichen Gebrauches zurückweisen wollen, β) dass diese anfangs nur in Ungarn und den mit Ungarn innigst verbundenen Provinzen zu geschehen habe, später aber jedenfalls auch nach Kroatien übertragen werden solle. 2) Die Magnatentafel machte den Vorschlag, man solle im Gesetze ausdrücklich bemerken, die kroatischen Deputirten hätten sich auf dem Landtage der magyarischen Sprache zu bedienen; allein die Stände erwiderten, es fliesse das aus §. 2. von selbst, und „würde eine besondere Erwähnung dieses Punktes die allgemeine Geltung jenes Paragraphs nur schwächen.“ Die Stände besorgten mit Recht, der König würde einen solchen Passus nicht gut heissen und liessen es daher lieber allgemein hingestellt. Ein dritter Vorschlag der Magnatentafel, es sollten die einzelnen Beamten Kroatiens nicht verpflichtet sein, mit den Beamten Ungarns in amtlichen Geschäften magyarisch zu korrespondiren, fiel ebenfalls durch; denn man sagte, es sei billiger, dass die kroatischen Beamten sich nach der Amtssprache der ungarischen richten, als umgekehrt (eigensinnige Eitelkeit, weil die ungarischen Beamten ja doch lateinisch verstehen müssen, während es den kroatischen in Ewigkeit schwer wird, magyarisch Klagen zu führen, und sie sonst bei den Aemtern mit einem einfachen Translator ausreichten), auch würden dann die kroatischen Behörden die Korrespondenz an einzelne Beamte abgeben und die Magyaren immer wieder keine magyarischen Zuschriften erhalten. Und das ist ja, was sie eigentlich wollen. Nicht daran liegt ihnen, was die Kroaten schreiben; nein, nur magyarisch sollen sie schreiben. Denn diese Sprache schreibt ja doch Niemand, als wer sie muss. O Eitelkeit, o Eitelkeit!

 Das ist also das neue Sprachgesetz für Ungarn, das den gordischen Knoten der inneren Zerwürfnisse lösen soll. —

 Was will dieses Gesetz nun? Welche Wirkungen muss es äussern, wenn es zum wirklichen Gesetz erhoben wird? 1) Es will alle übrigen Nationen mit Hülfe des Gesetzes vernichten; 2) es wird Ungarns Glück und Aufblühen in wenigstens drei Generationen aufhalten oder aber 3) das Land selbst in die furchtbarste Anarchie stürzen. Den Beweis des erstem, die nähere Auseinandersetzung des letztern wollen wir in einem zweiten Artikel versuchen.


6. Die griechisch slawische Welt.
Nach Cyprian Robert in der Revue des deux mondes.
I.

 Montenegro, in der Landessprache Cernagora, ein seit nahe an 100 Jahren unabhängiger Staat, verdankt seine fast entschiedene Unbesiegbarkeit, trotz aller anscheinenden Schwäche, der Sympathie mehrerer Millionen serbischer Rajas, denen sein Gebiet zu einer immer offenen Zufluchtsstätte dient. Hier finden sich alle griechisch-slawischen Rebellen zusammen. Für den Occident, und namentlich für Frankreich könnte Cernagora ansehnliche Dienste leisten; der prächtige Meerbusen von Kattaro bietet unsern Schiffen und unsern Diplomaten durch Cernagora eine vermittelte Verbindung mit Serbien, während Belgrad das Centrum für den russischen Einfluss bildet. Napoleon erkannte die Wichtigkeit der Sympathie der dortigen Krieger. Zum Beweise dient die Reise des Obrist Vialla de Sommières, Gouverneurs der Provinz Kattaro von 1807 bis 1813. Leider sind

Empfohlene Zitierweise:
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/341&oldid=- (Version vom 24.3.2020)