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Das arme Edelfräulein und der reiche Graf.

Es war einmal ein Edelmann, der besaß nur ein ganz kleines Schloß und ein Stückchen Land davor. In dem Schlößchen wohnte er mit seiner Tochter, denn die Frau war ihm gestorben; und Lottchen, das Mädchen, war Köchin und Stubenmagd, Kammerjungfer und Aufwärterin, alles in einer Person.

Das Edelfräulein sah über die Maßen schön aus, war schlank gewachsen, wie eine Tanne, und trug langes, goldenes Haar; aber so schön es war, so stolz war es auch. Alle Freier, die auf das Schlößchen zogen und bei dem Vater um die Hand seiner Tochter anhielten, mochten ihr nicht gefallen. Der eine war zu groß, der andere zu klein; der dritte schielte auf dem rechten Auge, der vierte auf dem linken; diesem stand die Nase schief im Gesicht, und jener lief die Absätze krumm. Kurz und gut, sie hatte an jedem etwas auszusetzen und reichte keinem die Hand.

Am meisten ärgerte sich über ihren stolzen Sinn der

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Ulrich Jahn: Schwänke und Schnurren aus Bauern Mund. Mayer & Müller, Berlin 1890, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahn_Schwaenke_und_Schnurren_aus_Bauernmund.djvu/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)