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erträgliches Quartier zu erreichen, wo wir uns weit besser befunden haben würden, wenn uns ein guter Genius eine Flasche des köstlichen Nektars hätte zuführen wollen, den Winningen hervorbringt. Wir bemühten uns vergebens darum. Das Fuder dieses Weines wird in guten Jahren oft zu 200 Rthlr. verkauft. Selten findet man ihn in dem Alter, wo er recht seine innern Kräfte zu entwickeln anfängt, denn die Weinbauer in Winningen sind alle Schuldner von Koblenzer Wirthen, die ihnen gleich nach dem Herbste den Wein abnehmen, und ihn den Winter über an ihre Gäste verzapfen [1], ohne ihn zum gehörigen Alter kommen zu lassen.

Am andern Morgen brachen wir mit dem frühesten von Winningen auf, und schifften uns bei schönem Wetter wieder auf der Mosel ein.

  1. Verzapfen. Dieser Ausdruck, der meines Wissens nur am Rheine und an der Mosel gang und gebe ist, heisst so viel, als: ausschenken, an seine Gäste verkaufen. Er hat seinen Ursprung daher, weil der Wein erst durch den Zapfen (Hahn) laufen muss, ehe man ihn den Gästen aufsetzen kann. Er hat den Zapfen. Er hat das Recht, Wein auszuschenken, und Gäste in eine Weinstube zu setzen. Auf dem platten Lande ward sonst dieser Zapfen in jedem einzelnen Dorfe dem Meistbietenden überlassen. In den Städten konnte sich aber Jeder gegen bestimmte Abgaben damit beschäftigen.