Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris | |
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erscheinen kann, und oft stirbt dieser, ehe er durch priesterlichen Segen und heilige Salbung gestärkt ist. In diesem Falle erwarten die Anverwandten mit Entsetzen ein schreckliches Gericht von oben; sie sehen die Seele des Verschiedenen wachend und in ihren Träumen in den Schwefelflammen der Hölle braten, und verlieren sogar etwas in ihrem bürgerlichen Werthe bei ihren Mitbürgern. Wie schrecklich ein solcher Zustand für den gemeinen Bauer sein müsse, lässt sich leicht begreifen. Und doch geschah unter der vorigen Regierung nichts, gar nichts zur Abstellung dieser Missbräuche. Der Pastor mästete sich an der Krippe seiner Kirche, und legte Kapitalien an, statt dass er mit einem Drittheil seiner Einkünfte sich hätte begnügen, und von dem Überschusse einige Kaplane hätten besoldet werden können.
Die Hauptursache der Finsterniss in diesem Lande liegt gewiss in dem Zustande der Geistlichkeit. Da findest Du auch keinen Mann, der sich von den gröbsten Vorurtheilen losgemacht hätte. Ich habe mir das Vergnügen nicht versagen können, einigen Kanzel-Hanswurstiaden beizuwohnen, die von dem Pastor in Kellberg während meines Aufenthaltes aufgeführt wurden. Wahrlich, abgeschmackteres kann man nichts hören, als eine
Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris. Christian Gottfried Schöne, Berlin 1799, Seite 332. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JN_Becker_-_Beschreibung_meiner_Reise_1799.pdf/358&oldid=- (Version vom 28.11.2023)