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Fürstin, der man da und dort einen Theil des Unglücks beigemessen hat, näher beleuchten. Aber man findet in den Akten auch nicht einen einzigen Umstand von Belange, der ihr Schuld gegeben werden könnte. Sie hat sich in allem sehr weise betragen, und selbst dem Fürsten nie einen harten Vorwurf gemacht, selbst damahls nicht, als ihre Kinder so sehr vernachlässigt wurden, dass es ihnen an den nöthigsten Kleidungsstücken fehlte, um mit Anstand bei der Tafel erscheinen zu können. Sie denkt gut und gross, ist die liebevollste Mutter ihrer Kinder, sanft und menschenfreundlich, Philosophin und gefühlvolle Dichterin. Sie hat nie einen Menschen mit Vorsatz beleidigt, nie in dem sonderbaren Drange der Dinge um sich her, eine Intrigue gespielt, sich nie etwas angemas’t, was ihre Sache nicht war. Nach der Scheidung ist sie dem Fürsten immer mit Achtung begegnet; hat ihren Kummer kaum in den verschwiegenen Busen einer Freundin und ihres Schwiegervaters geschüttet. Die Erziehung ihrer Kinder war ihr liebstes Geschäft, und man sah sie fast nie anders, als im Kreise dieser von ihrem gefühllosen Vater so äusserst verwahrlos’ten unglücklichen Geschöpfe.

Kaum hatte der Fürst die Regierung angetreten, so überschickte er seiner Gattin ein Exemplar