Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris | |
|
Die Moralität der Koblenzer hat durch die Emigranten einen Stoss erlitten, der noch nach Menschenaltern gefühlt werden wird. Besonders hat das schöne Geschlecht seit der Zeit eine Art des Betragens angenommen, die zurückschrecken muss. Diess Gemisch von niedriger Andächtelei und geschmackloser Wollust ist einzig und allein. Kein Wort hier aus der Ärger-Chronik des Tags, die damahls in Koblenz Anekdoten lieferte, die allen Glauben übersteigen.
Der 3. Brumaire III. war für die republikanische Armee einer der grössten Festtage während des Kriegs, und für den Menschenfreund um so mehr ein Festtag, weil er keinen Tropfen Bluts gekostet hat. An diesem Tage war es, wo Koblenz (der Aufenthalt der Emigranten) überging. Der Zufall fügte es, dass ich gerade einige Tage vorher mit meinem Freunde F... von Göttingen kam. Und so ward ich Augenzeuge dieser merkwürdigen Übergabe, die den koalisirten Mächten das ganze diesseitige Rheinufer (Rheinfels ausgenommen, das später fiel) entriss.
Man war schon vorher von Seiten der Deutschen darüber einig, diesen Ort so lange zu behaupten, biss die koalisirten Armeen mit ihrem Tross über den Rhein gegangen sein würden. Und
Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris. Christian Gottfried Schöne, Berlin 1799, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JN_Becker_-_Beschreibung_meiner_Reise_1799.pdf/229&oldid=- (Version vom 15.11.2023)