Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris | |
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- das mindeste von dem meinen hinzu zu thun. Diess bestärkte mich in dem Vorsatze, mich künftig allein an die Natur zu halten, u. s. w.
Das schöne Geschlecht befindet sich in Wetzlar in einer sehr unangenehmen Lage. Die jungen Mädchen gedeihen hier wie die Schwämme, und da die Anzahl der rüstigen Männer äusserst gering ist, so bleibt nicht selten der herrlichste Boden unbebaut. Herr HINKEL hatte die Gefälligkeit, uns in ein Konzert zu führen, das wöchentlich in seinem Hause aufgeführt wird. Ich machte da die Bekanntschaft einer aufblühenden Rose, die ringsum von losen Schmetterlingen umbuhlt ward. Ich weiss nicht, wie es kam, aber sie drückte mir rücklings einen Schlüssel in die Hand, und beschrieb mir sehr naiv das Gartenthor am Ende der Stadt, an einem blassroth angestrichenen Hause. Du weisst, ich mag dergleichen Abenteuer wohl leiden, und da das Mädchen noch dazu jung und blühend war, so ging ich hin, verwahrte mich aber doch auf alle Fälle gegen Nebenbuhler. Ich kam glücklich in den Garten. Es war eine herrliche Nacht und noch dazu Mondschein. Ich konnte nicht über Sprödigkeit klagen, und hatte ein paar recht vergnügte Stunden.
Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris. Christian Gottfried Schöne, Berlin 1799, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JN_Becker_-_Beschreibung_meiner_Reise_1799.pdf/200&oldid=- (Version vom 29.9.2023)