Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris | |
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unsern Augen verschwunden, eine dicke Nacht deckt den Vorgrund, und hinter uns steht nur noch der romantische Mäusethurm im röthlichen Abendschimmer von unzähligen Krähen und Dolen umflogen; die Ruderschläge unserer Schiffer hallen in den Wipfeln der Berge wieder. Auf ein Mahl öffnen sich vor uns die Wände der Berge, und unser Zauber ist gelös’t. Unsere betroffenen Augen ruhen wieder mit Wohlgefallen auf dem Spiegel des Flusses, vor uns ist die Aussicht geöffnet, hinter uns die grausige Höle verschwunden. Der Zauber der schönsten Beleuchtung ergötzt uns wieder, und wir wärmen uns an den glühenden Farben des Sommers.
Zur Rechten liegt das Dorf Assmannshausen, ein kleiner und schmutziger Ort, der aber wegen des herrlichen rothen Weines berühmt ist, den er hervorbringt. Armseliger haben wir lange keine Hütten gesehen, als diese. Unglücklicher ist kein Bauer als dieser. Das köstlichste Produkt seines Bodens, das ihm ein bequemeres Leben verschaffen könnte, ist in den Händen des faulen Adels und der unnützen Geistlichkeit. Er selbst ist nur Tagelöhner.
Einige ziehen den Assmannshäuser Wein dem Burgunder weit vor. Die grosse Celebrität des
Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris. Christian Gottfried Schöne, Berlin 1799, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JN_Becker_-_Beschreibung_meiner_Reise_1799.pdf/157&oldid=- (Version vom 26.10.2023)