Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris | |
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Pfaff oder der Weinschenk verschlungen. Das Einzige, was den Weinbau noch von seinem gänzlichen Untergange gerettet hat, ist das Interesse der Herrschaften, die wegen ihres Zehntens eine starke Aufsicht über die Weinberge führen, und eigene Gesetze vorschreiben, nach denen sich jeder Eigenthümer oder Lehnsmann richten muss.
Die Entbindung von bestimmten Geschäften während des grössten Theils des Jahrs und der schändliche Handel selbst haben die Moralität der Weinbauer verdorben, und gänzlich das Schlichte und Redliche verwischt, wodurch uns die Hunsrücker immer mehr und mehr anziehen. Ich will nicht läugnen, dass uns jener Müssiggänger, dem man einen gewissen Grad von Munterkeit nicht absprechen kann, auf einige Stunden ganz gut unterhalten kann, und diess ist, däucht mir, ein allgemeines Phänomen. Aber bei den Kartoffeln und der Habergrütze des Hunsrückers befanden wir uns ungleich besser. Seine immerwährende Thätigkeit lässt ihn nicht auf Dinge spekuliren, die ihn nichts angehen, am wenigsten auf die Geschichte des Tages. Man findet hier keine Zeitungsleser, und nicht ein Mahl in der höhern Klasse ein gangbares politisches Blatt. Die Arbeiten dauern ununterbrochen fort, und der Winter, wie der Sommer,
Johann Nikolaus Becker: Beschreibung meiner Reise in den Departementern vom Donnersberge, vom Rhein und von der Mosel im sechsten Jahr der Französischen Republik, in Briefen an einen Freund in Paris. Christian Gottfried Schöne, Berlin 1799, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JN_Becker_-_Beschreibung_meiner_Reise_1799.pdf/130&oldid=- (Version vom 26.10.2023)