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Kreuznach ist ein artiges kleines Städtchen, und von der Noh durchschnitten. Seine Lage an dem Eingange zum Hunsrück setzte es in allen französischen Kriegen, und besonders in dem gegenwärtigen, den traurigsten Verwüstungen aus, und der böse Leumund sagt, die Östreicher hätten hier aus Rachgier, weil einige Bürger warm für die Sache der Freiheit gesprochen hätten, wie ihre Brüder im dreissigjährigen Kriege gewütet. Von den 5000 Einwohnern ist ein grosser Theil aus den Ruinen geflohen; die übrigen schmachten im Elend. Der härteste Schlag hat die wenigen, ehemahls hier blühenden Fabriken getroffen. Der Fleiss und die Protestanten hatten dem Städtchen einen blühenden Wohlstand geschenkt, der sich gegen die Tirannei des Aberglaubens endlich emporarbeitete. Aber jetzt stehen die Handwerksstäten leer; die Betriebsamkeit ist verschwunden, und alle Bande der gegenseitigen Festhaltung sind aufgehoben. Eine schädliche Stockung herrscht in den Geschäften der Einwohner. Die Folgen davon sind auch dem blödesten Auge sichtbar. Ohne daran zu denken, dass der Fortgang der Kultur verhindert worden ist, so hat das Sittenverderbniss, besonders in der geringern Volksklasse seit dieses Krieges, sich allgemein gemacht. In dieser kleinen