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Neben dem gemästeten, italiänischen Capaun sitzt der im Dienst vertrocknete, englische Haushahn; jeder in seinem Extrem von Beleibtheit so wenig werth als der andere. Ueber diese Figur ist viel commentirt worden. Man bat sogar einen preußischen Gesandten Michel (nicht Mitchel, wie ich im hiesigen Taschenbuch für 1786 gesagt habe) daraus gemacht. Freilich mag wohl mancher Michel in der Welt so ausgesehen haben und künftig noch so aussehen, aber nach allen Regeln der Auslegungskunst ist dieses sicherlich unser Held, der Graf Squanderfield. Träte Hogarth selbst gegen diese Erklärung auf, so hätte er sich es allein zuzuschreiben, wenn man ihn nicht verstanden hat. Magerer erscheinen der Herr Graf hier freilich, als vorher, und, was noch seltsamer ist, auch magerer als nachher, diesen Abend. Aber was schadet das? Aufgestanden ist dieser Kunststutzer vielleicht wohl diesen Morgen, aber sicherlich noch nicht auferstanden. Es ist noch die Raupe erst. Verpuppt hat sie sich um den Kopf herum schon, das Uebrige folgt nach, und noch ehe die Eßglocke schallt, erscheint der Schmetterling in seiner Herrlichkeit. Das sind Kleinigkeiten. Lenden hin, Lenden her. Seitdem Kleider Leute machen, hat die Natur hierin viel von ihrer Kundschaft verloren. Auch ist es wirklich ein wenig boshaft von unserem Künstler, daß er diesen helldurchsichtigen Pickling da mit dem gemästeten, italienischen Spiegel-Karpfen[1] gleichsam wie in einer Schüssel servirt. Denn wirklich sind die Beine des Lords die Strohhälmchen gar nicht, die sie dem flüchtigen Blick zu seyn scheinen. Man bedecke nur einmal die beiden Bambus-Klötze des Italieners, deren Nachbarschaft ihnen offenbar schadet, so sind es immer ein Paar Beine, auf denen ein Mann von Stand, der nicht viel steht oder geht, noch recht gut stehen und gehen kann. Aber was thut Hogarth nun gar? Er bedeckt mit unverzeihlichem Muthwillen nun noch obendrein recht vorsätzlich das linke Bein des Grafen mit dem linken des Italieners weit über die


  1. Bekanntlich verschneidet man auch die Karpfen, aber nicht, um ihre Stimme zu verbessern.