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Rechtfertigung dem Herzog gegenüber versuchte. Die zahlreichen Papiere, welche das Mailänder Staatsarchiv noch weiter über diesen Fall enthält, tragen nach dem Urteil des Herrn Ghinzoni nichts von Belang zur Beleuchtung des Falls bei.

Diese leidige Defraudationsgeschichte[1] ist schon eines der Symptome des Verfalls, welcher in den nächsten Jahrzehnten über die Gesellschaft hereinbricht. Ein weiteres erkennen wir darin, dass die Gesellschaft im Jahr 1518 durch ihre Faktoren dem Jakob von Hertenstein alle ihre Schuldner im Herzogtum Mailand und in dessen Nachbarschaft überweisen liess, worauf Hertenstein einen gewissen Gerold mit Einkassierung der Gelder beauftragte[2]. Offenbar hatte dieser reiche Luzerner Patrizier der Gesellschaft grosse Summen vorgestreckt, und die im Rückgang begriffene Gesellschaft wusste ihn nicht mehr durch andere Mittel zu befriedigen als durch eine solche Cession. Letztere bedeutete aber noch nicht, dass die Gesellschaft den Mailänder Markt überhaupt aufzugeben im Begriff war. Wir können das Gegenteil daraus schliessen, dass sie noch im Jahr 1520 ihren Faktor in Mailand hatte in der Person des Paul Hinderofen von Wangen. Diesem begegnete es, dass er auf Befehl der damals in Mailand gebietenden französischen Behörden festgenommen wurde, weil er sich einer ungerechten Forderung derselben nicht gefügt hatte. Die Stadt Luzern verwandte sich dafür, dass er wieder freigelassen und keine weitere Forderung an ihn gestellt wurde[3]. Wenige Jahre nachher


  1. Eine Defraudation anderer Art bildete den Gegenstand einer Beschwerde, welche der mailändische Gesandte Moresini bei der schweizerischen Tagsatzung vorzubringen beauftragt war (Instruktion vom 14. Juli 1498 im Archivio di stato di Milano, potenze estere, Svizzeri, auszüglich mitgeteilt von Herrn Dr. Schellhass): einige deutsche (schweizerische) Kaufleute hatten mit den eigenen Waren auch fremde zollfrei durchzubringen gesucht, indem sie sie bei dem mailändischen Zollamt als eigene deklarierten; auch hierfür die Ravensburger Gesellschaft verantwortlich zu machen, hat man keinen Grund.
  2. Urk. im Anh. Nr. XX.
  3. Urk. im Anh. Nr. XXI.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heyd: Die grosse Ravensburger Gesellschaft. J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger, Stuttgart 1890, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heyd_RV_22.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)