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ist ein neuer Sinn, weit über die fünf Sinne hin.“ Und wir hören sein sieghaftes Wort: „Der Glaube macht lustig und trotzig gegen alle Kreatur.“ Königlich frei weiß er: „Der Herr Jesus ist mein Bischof, Herr, Vater, Meister, sonst weiß ich keinen mehr, also daß ich niemandem unterworfen bin als Ihm“, – nicht der Mann der Glaubenssätze, sondern der getreue, freudige Haushalter der Glaubensschätze. Wie hat er in Kraft des Glaubens das Ruh’n und Tun in gleichem Grade geehrt: „Streitet Gott nicht für uns, so wird unser Wachen vergeblich sein, arbeitet Er aber für uns, so wird auch unser Schlafen nicht vergeblich sein“. In der Reichsunmittelbarkeit des Gebetes hat er fürwahr Gerechtigkeit gewirkt, Verheißungen erlangt, ist kräftig geworden aus der Schwachheit und stark geworden im Streit. Christus und Glaube gehören ihm zusammen: wer aber am meisten glaubt, wird am meisten nützen und schützen. Vor den mächtigen Anstalten der Liebe in Halle steht August Hermann Franckes Denkmal: „Er hat Gott vertraut“ – hier das Geheimnis seiner Kraft und ihrer Erfolge. In ihrem Geiste haben an hiesigem Orte und in dieser Gegend vor bald zweihundert Jahren Flessa und Silchmüller Großes für Kirche und Schule geleistet. – Welche Frühlingstage aber gingen vor 50 Jahren über die Umgegend von Bayreuth auf, als Vikar Kettner in kurzer, aber unvergessener Wirksamkeit hier stand, ein Prediger des frohen, freien Glaubens. Vor sechzig Jahren hat der sel. Harleß, bei gleichem Anlaß wie es der heutige ist, auf dieser Kanzel das Wort vom Glauben als Sieg verkündet und in solcher Kraft die schweren Angriffe und bitteren Leiden überwunden, die sein Amt ihm brachte. Vor neunzig Jahren hat hier die erste Generalsynode getagt – welch edle heilige Geschichte hat Gott unserer teuren Landeskirche seit diesen Tagen geschenkt! Bekenner, Lehrer, große Denker und schlichte Arbeiter, Namen jetzt noch von reinem Glanze und längst verglänzte – alle eins in der ökumenischen Weitschaft des Glaubens, jetzt der Wolke der Zeugen zugesellt, denen ihr Heiland Mittelpunkt des Lebens war. – Geliebte, wenn ein Volk seiner Väter, eine Kirche ihrer Geschichte und der sie tragenden Kräfte vergißt, dann fallen sie dahin: Luther hat nicht umsonst die oblivio, den Undank als Todschaden bezeichnet.

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 Laßt uns darum die Geschichte treulich wahren, die reiche, hehre Geschichte des Glaubens. Ihr Urteil ist unbestechlich und ihre Kritik unwiderleglich: nicht der Mann macht den Glauben, sondern der Glaube den Mann. Glaube ist Kraft gegen das Sichtbare, Bemächtigung des Unsichtbaren, dringt durch Not und Tod zum Leben, läßt uns in Angst kommen,