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Ich schelte, doch die Brut wird keck und immer kecker!
Was schadet das? ich war ein böser Bub’ und wild,
Und alle sind mein Bild! mein ganz leibhaftig Bild!
Wär es nur erst so weit! doch still, ich höre rauschen,
Geschwind an meinen Platz, wie achtsam will ich lauschen.
(Er klettert auf die Linde.)
O! Mädchen, edle Frucht reift dir auf diesen Zweigen!
Wie lächelnd will ich mich, Narziß am Quelle, neigen!
Gieng nur der Mond erst auf, damit sein Silberlicht
Kloppstockisch, schwärmerisch verklärt mein Angesicht!
(Er ist oben und setzt sich auf den Zweig.)
Erhaben thron’ ich hier, süßschmachtend, hoffnungsvoll!
Wüßt ich nur erst, wie ich schön Lieschen trösten soll?
Verzweifeln wird sie ganz, die arme Hoffnungslose!
Warum hat sie kein Geld? – Sie bleibt wohl bei der Rose,
Sieht sie mein Auge nur, das ihren Blick nicht meidet,
So fühlt sie, daß der Freund tief sympathetisch leidet,
Das ist erst eine Lust für dich, o Weltlichtlein,
Von Zweyen auf einmahl so heiß geliebt zu seyn!

Fünfter Auftritt.

Pachter.
Da bin ich, Mitternacht ist nah, der Mond
Am Rand des Horizonts schon auf den Bergen thront,
Hier sieht man ihn noch nicht in diesem tiefen Grunde!
S’ist hier recht angenehm zur sommernächt’gen Stunde!
Es geht ein frischer Wind durch diese dunkeln Schatten,
Der Glühwurm kreis’t umher und funkelt auf den Matten,

Empfohlene Zitierweise:
Helmina von Chézy: Der neue Narziß. Lustspiel in einem Aufzug. Fleischer, Leipzig [1824], Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Helmina_von_Ch%C3%A9zy_-_Der_neue_Narzi%C3%9F.pdf/23&oldid=- (Version vom 12.9.2022)