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Lieschen.
Und ist Dir, Röschen, nicht die alte Sage kund?
Im Annen Quelle dort, im Buchenthaler Grund,
Wenn man in dieser Nacht stillschweigend blickt hinein,
Sieht man im Wasser – heut dazu wird Mondschein seyn,
Um zwölf geht auf der Mond –

Rose.
Was sieht man? –

Lieschen.
Mädchen sehn
Dort den zukünftgen Mann leibhaftig vor sich stehn!

Rose.
Mich grauset – Himmel!

Schulmeister.
Nun, mir kommt der Aberglauben
Just recht!

Liese.
Wir Zwei sind fromm, unschuldig wie die Tauben,
Mich küßte nie ein Mann!

Rose.
Mich auch nicht, sicherlich!

Hans.
Gottlob, das ist ein Trost!

Schulmeister.
Getrost, bald küß ich Dich!

Liese.
Gar nichts kann uns geschehn, wenn wir im Gehen schweigen
Und gar nicht um uns sehn, gewiß wird sich uns zeigen,
Der uns bestimmt – Du bist um Mitternacht doch wach?

Empfohlene Zitierweise:
Helmina von Chézy: Der neue Narziß. Lustspiel in einem Aufzug. Fleischer, Leipzig [1824], Seite 353. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Helmina_von_Ch%C3%A9zy_-_Der_neue_Narzi%C3%9F.pdf/19&oldid=- (Version vom 12.9.2022)