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Dennewitz, hingezogen. Die geeignetste Persönlichkeit, unter diesen schwierigen Umständen zu vermitteln und eine alle Beteiligten befriedigende Lösung anzubahnen, schien Tieck Frau von Lüttichau, seine feinfühlige, edeldenkende, beiden Ehegatten gleich nahe stehende Freundin zu sein. Doch brachten die nächsten Jahre, in denen Bülow mit den Seinen in Stuttgart lebte, wie Tiecks sechster Brief und Frau von Lüttichaus Antwort darauf erkennen lassen, zunächst keine Änderung der bestehenden Verhältnisse. Erst 1849 willigte Franziska in die Scheidung, und am 5. November dieses Jahres heiratete Bülow die Gräfin Louise. Beide lebten fortan glücklich auf Schloß Oetlishausen im schweizerischen Thurgau und hatten die Freude, hier bisweilen Franziska und ihre beiden Kinder, den später so berühmt gewordenen Pianisten und Kapellmeister Hans und seine Schwester Isa, bei sich zu sehen. Siehe dazu Reimann a. a. O. I 38–50, 67; Richard Graf Du Moulin-Ekart, Hans von Bülow (München 1921) 19–25, 66 f.

36) Tieck schrieb diesen Brief sieben Monate nach dem zweiten Schlaganfall (Oktober 1845), der seine Lebenskraft von neuem schwächte.

37) Überbringer dieses Briefes war der 1808 zu Königsberg geborene Schriftsteller Rudolf Wilhelm Leopold Karl von Keudell, der um 17 Jahre ältere Bruder des deutschen Staatsmannes Robert von Keudell; vgl. Jahrb. des Deutschen Adels II, 1898, 255. Nach Rudolf von Gottschall (Die deutsche Nationallitteratur des 19. Jahrhunderts IV, 675 f.) verfaßte K. zunächst Romane in Tieckscher Art. Die „Musikanten“ wurden anscheinend nicht gedruckt. Die von Tieck gerügten freiheitlichen Anschauungen Keudells kamen vor allem in seinen späteren Werken: „Die Politiker. Eine Tendenz-Novelle geschrieben im Herbst 1848“ (Leipzig 1848) und „Außerhalb der Gesellschaft. Träumereien eines gefangenen Freien“ (4 Bände, Leipzig 1849) zum Ausdruck.

38) An der Spitze der Nicolaiten stand der „Nestor der Berliner Aufklärung“, der Buchhändler Friedrich Nicolai, der Herausgeber der Allgemeinen deutschen Bibliothek, der Verleger der Straußfedern, für die Tieck in den Jahren 1795–1798 notgedrungen Beiträge lieferte. Nicolai's Wesensart charakterisieren am besten die ihm beigelegten Bezeichnungen „Repräsentant der Unpoesie“, „Goliath der Philister“, „Antipode der neuen Goetheschen Dichtung“. Zu seinen hauptsächlichsten Anhängern gehörten die Theaterleiter und Dichter Johann Jakob Engel und Karl Wilhelm Ramler. Vgl. R. Haym, Die romantische Schule 5 61–64.

39) Eine deutsch-katholische Gemeinde, ein Glied der von dem abgesetzten schlesischen Priester Johannes Ronge ins Leben gerufenen deutsch-katholischen Kirche, hatte sich am 15. Februar 1845 auch in Dresden gebildet. Vgl. Rechenschaftsbericht über das Provisorium der deutsch-katholischen Gemeinde zu Dresden (Dresden 1845) und dazu Handbuch der Kirchengeschichte, herausgegeben von Gustav Krüger IV2, bearbeitet von Horst Stephan und Hans Leube, Tübingen 1931, § 36, 12. – Papst Pius VII. hatte durch das Breve vom 7. August 1814 die Wiederherstellung des Jesuitenordens verfügt. Sie hatte eine gewaltige Machtsteigerung des Ordens zur Folge. Vgl. Handbuch a. a. O. IV2 , § 31, 2.

40) Im Juni 1846 auf der Reise nach dem ihr durch Erbschaft zugefallenen Familiengute Sellin hielt sich Frau von Lüttichau einen Tag bei Tieck und der Gräfin auf (Ein Lebensbild 37 f.). Über ihren Besuch berichtete sie an Carus (Lebenserinnerungen III 221 f.): „Allerdings war der Anblick der beiden alten Freunde schmerzlich, da sie beide körperlich in diesen vier Jahren sehr zurückgegangen sind. So fand ich denn also Tieck einestheils verändert und doch auch nicht verändert. Denn wenn er saß und sprach, obgleich viel magerer und spitzer und kränker aussehend als sonst, war alles doch ziemlich auf die alte Weise.“