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eine Freundin der Frau von Lüttichau, in der 1870 von ihr veröffentlichten, von Blochmann in Dresden gedruckten Schrift „Ein Lebensbild“. Das Wichtigste aber, vielfach dokumentarisch belegt, erfahren wir aus den Lebenserinnerungen und Denkwürdigkeiten des großen Dresdener Arztes Carl Gustav Carus[1], der beiden freundschaftlich nahe stand. Besondere Bedeutung kommt dem handschriftlich hinterlassenen fünften Bande dieser Selbstbiographie zu, der, von dem Carus-Forscher Rudolph Zaunick zum ersten Male nach den Urschriften herausgegeben und bearbeitet, 1931 als Jahresgabe der Vereinigung der Bücherfreunde in Dresden erschien. Denn er enthält auf Seite 101–108 zwei schon von Carus für den Druck bestimmte, aus Berlin geschriebene Briefe Tiecks an Frau von Lüttichau. Beide Briefe finden sich auch in der von der Sächsischen Landesbibliothek verwahrten Handschrift, Mscr. Dresd. h. 51. Dort bilden sie mit elf weiteren, in der Mehrzahl recht inhaltreichen, noch unbekannten Tieck-Briefen an die Freundin, den einzigen, die sich überhaupt erhalten haben, ein Ganzes[2]. Mit gutem Rechte bin ich daher befugt, die beiden mit den bisher unveröffentlichten elf Briefen nochmals zum Abdruck zu bringen, um so mehr, da der fünfte Band der Carus'schen Lebenserinnerungen als bibliophile Gabe nicht ohne weiteres zugänglich ist. Ebenso erscheint es notwendig, die beiden einzigen vollständig erhalten gebliebenen Briefe der Frau von Lüttichau an Tieck, Antwortschreiben auf Briefe von ihm, die ich veröffentliche, bei den Brieftexten da, wo sie hingehören, einzuschalten, obwohl Zaunick sie ebenfalls bereits auf Seite 111–120 des oben erwähnten fünften Bandes anhangsweise erstmalig bekanntgab[3]. Um vollständig zu sein, teile ich schließlich noch vier ausdrücklich für Tieck bestimmte Betrachtungen der Freundin im Wortlaut mit. Die beiden ersteren, Bruchstücke von Briefen, stammen aus dem dritten und vierten Bande der Carus'schen Lebenserinnerungen[4], die beiden letzteren, von Zaunick[5] erstmalig veröffentlicht, sind handschriftlich durch Mscr. Dresd. e. 85 mc überliefert.

Von den dreizehn Tieck-Briefen gehören die beiden ersten der Dresdener Zeit des Dichters an. Wir entnehmen ihnen, wie ernstlich Tieck bei jeder Gelegenheit bemüht ist, den Wissensdrang der Freundin zu befriedigen. Als er Anfang Mai 1825 vier Monate nach seiner Anstellung mit ihrem Gatten eine auf zwei Monate berechnete Dienstreise unternimmt, um die Theaterverhältnisse anderer Städte kennenzulernen, schreibt er ihr aus Wien Briefe, in denen er anscheinend Fragen der Religion berührt. Ein Jahr später regt er sie zum Studium der ihm wohlvertrauten Werke Friedrich Schlegels, Ben Jonsons und vor allem des Philosophen Karl Solger an. Ein andermal soll sie ihn besuchen, um sich mit ihm eine nur für sie beide bestimmte Vorlesung seines auswärtigen Freundes, des Geschichtsforschers Wilhelm Loebell, der ein Meister in der Kunst des Vortrags war, anzuhören.


  1. 4 Bände, Leipzig 1865–1866.
  2. Carus erhielt die wertvolle kleine Briefsammlung von der Familie von Lüttichau zum Geschenk. Von den elf Berliner Briefen tragen die letzten fünf nur Tiecks eigenhändige Namensunterschrift. Er diktierte sie dem ihm von König Friedrich Wilhelm IV. seit 1844 zum Helfer bei seinen Arbeiten bestellten Sekretär Karl Hellmuth Dammas, der sich später unter dem Decknamen Feodor Steffens dichterisch betätigte. Vgl. Aus Tiecks Novellenzeit. Briefwechsel zwischen L. Tieck und F. A. Brockhaus, herausgegeben von Heinrich Lüdeke von Möllendorff (Leipzig 1928) 154, 178, 191. – Franz Brümmer, Allgemeine Deutsche Biographie XXXV 554 f.
  3. Die Originalbriefe gingen verloren. Es handelt sich um Abschriften, die sich in der Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin befinden, von der Hand des in Anmerkung 3 genannten Dammas.
  4. III 295–296; IV 126–128.
  5. Carus, Lebenserinnerungen V 121 f. und 127.