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bei Lauterburg überschritten. Der linke Flügel scheint somit in der Richtung auf Pfalzburg vorzugehen; nur von der Zentralarmee des Prinzen Friedrich Karl verlautet noch nichts, während Steinmetz mit dem rechten Flügel gegen Thionville hervorbrechen zu wollen scheint.

Gestern nacht ist wieder wie 2 Tage vorher in der Stadt großes Hallo gewesen, Lieschen Richter hat man die Fenster eingeworfen, weil von dort auf die Vorüberziehenden angeblich Wasser oder Nachttöpfe ausgegossen worden sein sollen[1].

Franz schreibt seltsamerweise, Österreich werde gegen Frankreich gehen. Von dort gleichzeitig Nachrichten über eine Befestigung der Ennslinie. Der Hauptstoß scheint auf der Linie Metz–Nancy zu erwarten. Heute mittag Plenarsitzung über das leidige Einquartierungsregulativ. Hempel wird nie und nimmer zur rechten Zeit fertig. Traurige Sache das.


Montag, 8. August.

War das gestern ein Tag der Aufregung! In der vorerwähnten Mittagssitzung kam die ganze Schlotterei der Hempelschen Einquartierungswirtschaft zur Enthüllung; er hat keine Vorkehrung für die Einstellung der hierher kommenden Landwehrdragonerpferde getroffen, und nun läßt uns über diese Vernachlässigung der Generalgouverneur mit Verquartierung der ganzen Truppe für unsre Rechnung bedrohen. Ist das nicht die selbstgegebene Folie zu dem Pensionierungsantrage der Stadtverordneten?

Die Clique Schwauß, Körner[2] und Konsorten enthüllen wieder ihren übel verschleierten Patriotismus mit einer Attacke auf die Veröffentlichung


  1. In Dresden herrschte am 4. August nach dem Eintreffen der Siegesnachricht von Weißenburg lautes, begeistertes Treiben auf den Straßen bis in die späten Nachtstunden. Auch am Sonnabend (6. August) gab die Bevölkerung noch spät ihrer Freude Ausdruck. Unter dem Gesang der Wacht am Rhein zog die Menge jubelnd durch die Straßen, so daß einige Spießbürger, die vielleicht, wie der Anzeiger meinte, in ihrem Parteigefühl verletzt waren, auf die Vorüberziehenden Wasser gossen, z. B. an der Ecke der Schloß- und Wilsdruffer Straße. Die Konstitutionelle Zeitung und die Dresdner Nachrichten schoben die Schuld an diesen Vorkommnissen, bei denen auch Steinwürfe nicht fehlten, dem Journal zu, weil es noch so spät (!) die Extrablätter ausgegeben habe, worauf das Journal bemerkte, es könne doch nichts dafür, daß der Redakteur der Konstitutionellen, Herr Siegel, nicht auf dem Posten, sondern das eine Mal im Zirkus Renz, das andere Mal im Bett zu Haus gewesen sei (Journal, 10. und 11. August).
  2. Körner, Ernst Adolph, Geh. Rat und Abteilungsdirektor im Ministerium des Innern. – Für Peschel stand es fest, daß die Freunde Österreichs heimlich mit Frankreich sympathisierten.
Empfohlene Zitierweise:
Erwin Heyne (Hrsg.): Kriegstage in Dresden 1866 und 1870. i. A. des Verein für Geschichte Dresdens, Dresden 1933, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft31VereinGeschichteDresden1933.pdf/87&oldid=- (Version vom 31.5.2024)