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Armeekorps passiert noch immer hier durch, und dann, heißt es, soll noch das posensche nachfolgen.

Mit den Stadtverordneten wird in der Hertelschen Haupt- und Staatsaktion Friedenspfeife geraucht, der berühmte Kreisdirektionskommissar mit seinem testimonium incompetentiae in Ehren kalt gestellt[1]. Von dem Kriegsschauplatze keine erheblichen Nachrichten; wenn König Wilhelm dort erscheinen wird, noch unbekannt. Heftiger Zeitungskrieg über die Berliner Enthüllungen, deren Fortsetzung in Aussicht gestellt ist. England, auf das es hierbei gemünzt ist, wehrt sich und windet sich – erbärmlich.


  1. Peschel spielt damit auf die Beschwerde des Stadtverordnetenkollegiums über Eigenmächtigkeiten der städtischen Finanzverwaltung unter Bürgermeister Dr. Hertel an (siehe Dresdner Anzeiger, Wissenschaftliche Beilage, 7. Jahrg., Nr. 37, und Protokolle der Sitzungen der Stadtverordneten 1870). Schon am 12. März 1869 waren im Kollegium vom Stadtverordneten Gruner die Beschwerdepunkte ausführlich dargelegt worden. Vor allem machte man der Finanzverwaltung zum Vorwurf, daß von den staatlichen Kriegsentschädigungsgeldern (1866) eine bedeutende Summe „nicht nur ohne Genehmigung der Stadtverordneten, sondern auch gegen die ausdrückliche Anordnung der Königlichen Kreisdirektion“ verausgabt worden seien, und zwar auch zur Bestreitung von Betriebsausgaben. Ferner müsse man eine beträchtliche Budgetüberschreitung befürchten, da der Schulkasse 1868 aus der Stadtkasse ein viel zu hoher Zuschuß gewährt worden sei. Auch habe die Finanzverwaltung eine weitere Summe für Betriebsausgaben aus „ungehörigen Mitteln“ bestritten und in dem Vermögensverzeichnis das Betriebs- und Substantialvermögen nicht getrennt gehalten. Auf Grund dieser Beschwerden erhoben die Stadtverordneten zur Wahrung ihrer Rechte und zur Sicherung des Haushaltplanes bei der Kreisdirektion Klage, auf die der Staat auch unter Ernennung des Regierungsrates Sperber zum Kommissar mit einer Untersuchung einging. – 27. Juli 1870 Mitteilung Gruners im Kollegium, daß der Bericht des Kommissars alle Beschwerdepunkte anerkannt habe. Doch im Hinblick auf die Zeitverhältnisse und die allgemeine Forderung der Einigkeit wurde einstimmig die Zurücknahme der Beschwerde beschlossen, da auch inzwischen eine erfreuliche Änderung in der Finanzverwaltung eingetreten sei, „indem nicht mehr blindlings in die Stadtkasse gegriffen, sondern keine Ausgabe ohne hinreichende, diesseits bewilligte Deckungsmittel verfügt wird“. Eine gemischte Deputation („Friedensausschuß“ von Peschel genannt) von je drei Stadtverordneten und Stadträten wurde zur Revision der Finanzverwaltung eingesetzt; sie schloß Ende Dezember 1870 ihre Tätigkeit ab mit der Aufstellung von 4 Hauptpunkten als „Garantien für die Wahrung der Rechte der Stadtverordneten und zur besseren Einsicht in die Finanzen“. In erster Linie wurde bestimmt, daß künftig weder Vorschüsse für irgendeinen Geschäftszweig aus einer anderen Kasse gewährt, noch aus Depositen oder Vermögensstammeinnahmen usw. Betriebsausgaben bestritten werden sollten.
    Dr. iur. Theodor Julius Hertel (geb. 1807). Rechtsanwalt in Dresden. 1837 Stadtrat. 1853 3. Bürgermeister von Dresden; Dirigent der 2. Ratsabteilung. Landtagsmitglied. Gest. 1880.
Empfohlene Zitierweise:
Erwin Heyne (Hrsg.): Kriegstage in Dresden 1866 und 1870. i. A. des Verein für Geschichte Dresdens, Dresden 1933, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft31VereinGeschichteDresden1933.pdf/85&oldid=- (Version vom 31.5.2024)