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Neuer Pfiff: unsre Regimenter nicht nach der ihnen zugeteilten Gesamtnummer, sondern nach einer selbständigen zu bezeichnen, und das sogar in offiziellen Schriften von Kommandanten[1]. Siehe Abschiedsworte Nehrhoff v. Holderbergs an den Leipziger Stadtrat, welcher in seiner Erwiderung dies leider unberücksichtigt läßt.

Neueste Nachrichten vom Kriegsschauplatze indizieren Offensivbewegung der Verbündeten. Unser Armeekorps, welches heute und morgen vollends abfahren wird, hat Mainz und Mannheim als nächsten Bestimmungsort[2]. Die wichtigste politische Neuigkeit ist die Enthüllung französischer Offerten an Preußen zu einer Offensiv- und Defensivallianz behufs Annexion Belgiens; sie rühren aus der Zeit des Luxemburger Handels und sollen später noch einmal wiederholt worden sein. Warum hat man damit in Berlin bis nach Schluß der französischen Kammern gewartet?[3]. – Stimmung in Frankreich gärend.


  1. So wurde auch in der amtlichen Bekanntmachung über die Einstellung von Kadetten als Offiziere ins 12. Korps z. B. nur vom 6. oder 7. Infanterieregiment und nicht vom Infanterieregiment Nr. 105 oder 106 gesprochen. Für Peschel, den Freund der Neugestaltung Deutschlands, war die einheitliche Heeresverfassung des Norddeutschen Bundes maßgebend. – Nehrhoff v. Holderberg, Generalmajor und Kommandeur der 24. Division.
  2. Die Beförderung des sächsischen Armeekorps unter dem Befehle des Kronprinzen Albert nach Mainz begann am 26. Juli. Am 29. Abreise des Prinzen Georg (Kommandeur der 23. Division), am 30. Juli des Kronprinzen. 11. August Marsch des Korps über die französische Grenze; es stand zunächst in der Reserve hinter der 2. Armee des Prinzen Friedrich Karl.
  3. Die englische Regierung bereitete die Aufstellung von etwa 25 000 Mann vor, die gegebenenfalls binnen 3 Tagen unter dem Schutze der Panzerflotte über den Kanal nach Antwerpen gebracht werden sollten zum Schutze der etwa bedrohten Neutralität Belgiens (Dresdner Anzeiger, 29. Juli). Durch den – bekanntlich auf Bismarcks Betreiben – von der Londoner Times am 25. Juli enthüllten und veröffentlichten Vertragsentwurf, den Frankreich 1866 in der Kompensationsfrage Preußen unterbreitet hatte, war im englischen Ober- und Unterhaus eine gewaltige Entrüstung hervorgerufen worden. Wortlaut des Traktates z. B. im Dresdner Anzeiger vom 28. Juli: „Frankreich verspricht, die preußischen Einverleibungen von 1866 und den Norddeutschen Bund anzuerkennen, ja, sich selbst einer Union des Nordbundes mit den Südstaaten unter Ausschluß Österreichs nicht zu widersetzen, wenn ihm Preußen dafür die Erwerbung Luxemburgs erleichtere – und bei einem etwaigen französischen Einmarsche in Belgien zu Wasser und zu Lande mit den Waffen Hilfe leiste gegen jede Macht, die bei dieser Entwicklung der Dinge an Frankreich den Krieg erklären würde!“ – Zur Beruhigung konnte schließlich am 8. August der englische Außenminister Gladstone im Unterhaus mitteilen, daß die Regierung mit den beiden kriegführenden Mächten je einen neuen Vertrag zur Sicherung der belgischen Neutralität schließe.
Empfohlene Zitierweise:
Erwin Heyne (Hrsg.): Kriegstage in Dresden 1866 und 1870. i. A. des Verein für Geschichte Dresdens, Dresden 1933, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft31VereinGeschichteDresden1933.pdf/83&oldid=- (Version vom 31.5.2024)