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L’orchestre de Dresde est si admirable et doué d’une telle rapidité de conception, que ce n’est pas lui, qui nous donnera de la peine, surtout si vous voulez bien me recommander à sa bonne volonté.

Je me fais une fête de vous revoir et de connaître les dernières oeuvres que vous avez produits, s'il vous est possible, de me les faire entendre.

En attendant reçevoir l'assurance (?) des sentiments distingués de votre tout dévoué

Hector Berlioz.

     Hanovre, Samedi Ir avril 1852.“

Berlioz’ Urteil über das Orchester ist allerdings als höchst maßgebend anzusehen, denn Berlioz war als Verfasser einer der ersten Instrumentationslehren eine erste Autorität. Reissiger, der, wie alle Menschen, durch eine lobende Anerkennung glücklich werden konnte, wird unvergeßliche Eindrücke gewonnen haben. Aus einem der Briefe Bülows an Liszt (6. Mai 1854) erfahren wir nun, daß Reissiger mit Pensionierungsgedanken umging, weshalb man gleich Berlioz als Nachfolger ins Auge faßte. Jedoch der Plan zerschlug sich wieder, und Reissiger blieb noch fünf Jahre im Amte.

Reissigers Kräfte nahmen durch einen Raubbau, infolge früherer Überanstrengungen, hervorgerufen, immer mehr ab, so daß er sich in den letzten Jahren auf die Leitung der Kirchenmusik und älterer Opern beschränken mußte. Trotzdem hat er an der musikalischen Förderung Dresdens und seiner Oper noch regen Anteil genommen. Die moderne Oper eines Meyerbeer, welcher um die Jahrhundertmitte im Zenit seines Ruhmes stand, erlebte z. B. mit dem „Propheten“ von 1850 (erste Aufführung) bis 1858 fünfundsiebzig Aufführungen. Der noch unbekannte Verdi wurde von Reissiger 1849 mit „Ernani“ und „Nabucco“ (1851) eingeführt. Den von Reissiger 1828 in Dresden erstaufgeführten „Oberon“ Webers konnte Reissiger nach mehreren Neueinstudierungen weit über hundertmal dirigieren (12. September 1859 hundertfünfundzwanzigste Aufführung). Webers „Silvana“ führte er 1855 überhaupt zum ersten Male in Dresden auf, ebenso Mozarts „Cosi fan tutte“ (in deutscher Sprache). Die neuesten Werke Lortzings, Nicolais (Lustige Weiber), Flotows, Aubers, Adams u. a. erschienen in Dresden. Dazu kamen im Jahre noch vier bis fünf Neueinstudierungen guter älterer Werke.

Ferner wurde Reissiger 1856 oberster künstlerischer Leiter des Dresdner Konservatoriums und richtete 1858 die ständigen königlichen Sinfoniekonzerte Am 1854 gegründeten, heute noch bestehenden Dresdner Tonkünstlerverein hatte er reges Interesse, so daß er dessen erstes Ehrenmitglied wurde.

Daß er aber nicht mehr so konnte, wie er wollte und es früher getan, nämlich die Kunst, die alte und die neue, energisch zu fördern, läßt ihn, den immer lebensfreudigen Menschen, doch manchmal eine resignierte Stimmung überkommen. Nachdem Spohr in Kassel pensioniert worden war, und dieser es ihm mitteilt[1], schreibt er, über die ganze Zeit verärgert, unter anderem[2]: Ihre Pensionierung befremdet mich nicht, aber nur – weil sie –


  1. Unveröffentlichtes Manuskript im Besitze des Herrn Bürgermeister R.
  2. Brief an Spohr, unveröffentlichtes Manuskript in der Kgl. Landesbibliothek Dresden.