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Als Wagners Nachfolger kam nach einem Interregnum, währenddessen Reissiger wieder die Gesamtleitung allein hatte, da auch Röckel abgegangen war, Krebs nach Dresden. Schumann, auch Lortzing hätten gern die Stellung eingenommen, woraus aber nichts geworden war.

Eine Freude erlebte Reissiger im Jahre 1851. Er feierte das 25 jährige Amtsjubiläum, wobei er vom Orchester einen silbernen Taktstock als „Symbol des echt human in Treue und Pflicht gleichbleibenden Taktes“, „dafür, daß er stets das wahre Wohl und die Ehre der Kapelle im Auge gehabt habe“, überreicht bekam. Sämtliche Namen der Mitglieder waren in ihm eingraviert. „Er habe,“ heißt es in dem Begleitschreiben, „die Würde (der Kapelle) sowohl im allgemeinen vertreten, als auch jedem Mitgliede im einzelnen vielfache Beweise seiner Freundschaft und tätigen Fürsorge gegeben.“ „Die Teilnahme der Kapelle und der Stadt waren mir wahrhaft rührend“, schreibt er an Raff. Der König aber ernannte ihn noch förmlich zum „ersten Hofkapellmeister“, nachdem er als solcher bereits immer fungiert hatte. Es ist bezeichnend für die Übergangszeit, in welcher Reissiger und Weber lebten. Vor Weber hießen die ersten italienischen Kapellmeister Oberkapellmeister, Weber blieb „Hofkapellmeister“, Reissiger wurde nach fünfundzwanzig Jahren „erster Hofkapellmeister“, während sein Nachfolger Rietz 1874 zum Generalmusikdirektor ernannt wurde.

Einen Lichtblick für Reissiger bedeutete ferner 1854 die Anwesenheit des großen französischen Programmkomponisten Berlioz, dem alles aufs beste vorzubereiten Reissiger Ehrensache war. In fünf Tagen stellte das Kgl. Orchester in den besonders schweren, koloristischen Werken (Faust, Romeo, Flucht aus Ägypten) in drei Konzerten, zu denen in den nächsten fünf Tagen noch eins kam, eine Prachtleistung auf. Das Dresdner Orchester war das geeignetste, um die Werke, welche das Tor zu den Orchester-Klangwundern der Neuzeit bilden, würdig erstehen zu lassen[1]. Wir sind in der Lage, einen Brief Berlioz’ an Reissiger aus dem Jahre 1852, der sich schon darauf bezieht, zum Abdruck bringen zu können[2]: „Mon cher Monsieur Reissiger! Mr. le Baron de Lüttichau a bien voulu m'accorder l'autorisation de faire entendre deux grands ouvrages au théâtre de Dresde vers la fin de ce mois. C’est une importante affaire pour moi, et j’ai bien besoin de votre appui pour la mener à bonne fin. Permettez moi, de vous le demander. Vous avez été si cordial et si gracieux de toute façon, quand je vins à Dresde il y a onze ans, que je ne puis m'empêcher de compter encore sur votre bienveillance et sur votre confraternité artiste. Je pars demain pour Brunswick, de là j’irai à Weimar, et le 12 ou le 13 au plustard je serai à Dresde. Permettez moi, de vous prier de surveiller un peu les répétitions des choeurs, qui doivent être commençés, et qui seules pourraient retarder mes deux concerts, si les choristes et les chanteurs n’étaient pas surs, de leur partie quand j’arriverai.


  1. Vgl. dazu: Pohl, Berlioz 1884, S. 41 und Briefwechsel zwischen Bülow und Liszt (hg. von La Mara. Leipzig 1898).
  2. Manuskript im Besitze des Herrn Bürgermeister R. Vom Verfasser dieser Arbeit erstmalig in den Dresdner Blättern für Theater und Kunst: „Der Zwinger“ Jahrg. 1918, Heft 1, veröffentlicht.