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die Vergebung von Kleinbesitz im altsorbischen Gebiet haben, in denen nicht ganze Orte, sondern Flurabschnitte, „Königshufen“ genannt, verliehen werden. Es wäre merkwürdig, wenn sich über die Neuerrichtung von Alloden im altsorbischen Gebiet in der späteren Kolonisationszeit nicht Urkunden erhalten hätten, während aus der älteren Zeit Urkunden über ähnliche Vorgänge erhalten sind.

Wenn aber die Zeit der deutschen Kolonisation ausscheidet, zu welchem Zeitpunkt sonst kann eine so weitgreifende Umgestaltung der Verhältnisse des Grundbesitzes vor sich gegangen sein? Zur Zeit, als Wiprecht von Groitzsch in Nisan herrschte, oder zu einem noch älteren Zeitpunkte, in den Tagen der Burgwardverfassung, in den Zeiten der Begründung des Meißner Kirchenguts?

Die schriftliche Überlieferung läßt uns zur Beantwortung dieser Fragen im Stich; wir müssen zunächst auf Umstände, die sich aus der Betrachtung der ältesten Zeit ergeben, zurückgehen. Es bestand zur Zeit der Eroberung ein großer Teil des sorbischen Volkes, ja wohl die ganze Masse der Sorben, mit der alten Wirtschaftsweise und mit der gegenseitigen Abhängigkeit der Besitzverhältnisse so, wie dies früher der Fall gewesen war, fort; ebenso wie die Flurgrenzen aus der sorbischen Zeit übernommen wurden, ebenso setzten sich auch die Wirtschafts- und Besitzverhälnisse fort; die Zeit, wo deutsche Verhältnisse nachdrücklich einwirkten, lag zunächst in der Ferne.

Es ist eine durch Nichts begründete, durch entscheidende Umstände vielmehr widerlegte Annahme, daß nach der Eroberung der Feste Gana 928 das meißnische Land unter die Deutschen verteilt worden sei. Das lose Verhältnis, in welchem die Gaue Dalaminzi und Nisan noch längere Zeit zum deutschen Königtum gestanden haben, spricht für sich schon genügend dagegen. Alles deutet darauf hin, daß die Art der Besitzverhältnisse, die Flurverteilung eingeschlossen, zunächst unverändert sich weitererhalten hat und nur allmählich im 10. und 11. Jahrhundert dem deutschen Einfluß unterworfen worden ist. Durch Kämpfe und Ächtungen, durch Ehen und Güterveränderungen wurden Lücken in den sorbischen Herrenstand gerissen; durch des Königs Macht gingen zuerst die größeren Lehen in deutschen Besitz über, aber ein wesentlicher Teil des Grundbesitzes blieb in slawischer Hand,