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Wie früh innerhalb des Meißner Stifts die Sonderung der einzelnen Einkünfte bis zu kleinen Einzelheiten fortgeschritten ist, läßt sich daraus ersehen, daß 1203 über die Einkünfte von vier kleineren Präbenden des Domstifts gestritten wird[1]; die Pfründen der großen Kapitelämter waren zu dieser Zeit längst geordnet; spätestens seit dem 12. Jahrhundert bezog, wie sich urkundlich nachweisen läßt, der Propst zu Meißen den Dezem in der Gegend zwischen Riesa und Boritz[2], ebenso war dies mit dem Zehnten des Dekans in der heutigen Dresdner Pflege der Fall.

Dresden, die Stadt Dresden, ist eine Gründung aus der Zeit, in welcher deutsche Bauern und Bürger in das Land kamen; sie erscheint in der ehemaligen Landschaft Nisan erst zu Beginn des 13. Jahrhunderts als civitas. Zu dieser Zeit ist der Zehnte des Dekans geordnet, seine Stiftung muß, wenn sie nicht noch früher anzusetzen ist, ebenso wie die des Propstdezems spätestens im 12. Jahrhundert erfolgt sein.

Bereits vor der Erhebung des Ortes Dresden zur civitas ist eine Kirche, die Frauenkirche, vorhanden gewesen, und sicher


  1. Cod. II, 1, 70 (1203): super locatione quatuor praebendarum.
  2. Im Jahre 1214 kommt zwischen dem Propst des Stifts Meißen und dem Klosterpropst von Riesa eine Einigung über die Erhebung des Zehnten in sechs Dörfern, darunter in Riesa, Heide, Mergendorf (Sentemariendorf) und Poppitz zu Stande (Cod. II, 1, 83). Diese Dörfer faßt Riehme in der Übersichtskarte zu seiner Arbeit mit Weida zur Supanie Riesa zusammen. Der Zehntbezirk des Propstes beschränkte sich aber nicht auf diese Orte. „Insuper habet magna decima in Boris et villis circumjacentibus“ heißt es 1528 von der Propstei (H St A. loc. 8987 Thumstifft zu Meyßen. Des Stifts Meißen Präbenden und desselben Einkünfte 1528). 1529 erscheint der Zehnte des Propstes zu Ryßu, Poppiz, Mergendorff, Heyde „und anderen umbliegenden“ Dörfern (loc. 8987 der Vicarien, Präbenden und Obedientien des Stiffts Meißen Einkünfte, Bl. 63b). Es ist hier nicht möglich, den verwitterten Zügen der alten Dezemverfassung, die in der Riesaer Gegend unter anderem durch Dezemkäufe des Klosters verändert wurde, weiter nachzuforschen, sicher aber besaß der Meißner Dompropst den Zehnten zwischen Riesa und Boritz als Stiftspfründe schon im 12. Jahrhundert. Von der Schenkung des Kaisers Otto II., welche dem Stift Meißen 983 den Elbzoll von Belgern bis Meißen widmete (Cod. II, 1, 11), gehörte dem Propst der Zoll zu Boritz („die probstey hat auch einen Zcoll zu Borys,“ heißt es 1529; vgl. auch Cod. II, 1, 453: totam villam Borus cum duobus allodiis, judicio, theloneo usw.). Alle diese Züge deuten auf ein hohes Alter der Bewidmung der großen Kapitelämter.