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Frühzeitig bestanden in Meißen verschiedene geistliche Ämter. Wenn das Kapitelamt des Propstes zum ersten Mal im Jahre 1063[1], das Amt des Dekans erst hundert Jahre später 1160[2] zum ersten Mal genannt wird, so hat dies so wenig und so viel Bedeutung, als wenn die Freiberger Münze urkundlich zum ersten Mal im 13. Jahrhundert genannt wird, während doch Silber zu Freiberg bereits viel früher gegraben und Gepräge der Markgrafen schon im 12. Jahrhundert geschlagen wurden. Die zufällige spätere Erwähnung hebt nicht die Tatsache auf, daß in Meißen und zwar spätestens zur Zeit der machtvollen Neuerbauung des Meißner Doms um 1050 die wichtigsten Kapitelämter schon vorhanden gewesen sein müssen[3].

Zu dieser Zeit hatte die Wandlung der alten sorbischen Zustände bereits begonnen, aber noch waren die alten Verbände im Volk lebendig, noch stützte sich die Verwaltung und wohl auch die Rechtspflege auf die altertümliche Einteilung der Burgwarde. Hatte die Form, in welcher der Zehnte gegeben wurde, sich verändert, so war doch die Einhebung noch an die alten Bezirke geknüpft; nach Burgwarden wurde, wie sich aus mannigfaltigen Nachrichten für das Burgwardgebiet[4] erweisen läßt, der Zehnte eingehoben – so empfing der Dekan des Stifts den Zehnten im Weißeritzgebiet, wie im folgenden dargelegt werden soll, im Gebiet des Burgwards Buistrizi[5].


  1. Cod. II, 1, 28 (1063).
  2. Cod. II, 1, 52 und 53 (1160). In späterer Zeit finden wir den Meißner Dekan auch mit einem Archidiakonatsprengel (im Norden der Mark Meißen) begabt (vgl. Neues Archiv XXIV, S. 59).
  3. Dem Dekan lag noch im späteren Mittelalter die Aufsicht über die Stiftsbaumeisterei ob (Cod. II, 2, 629: magister fabricae, qui per decanum et capitulum ecclesiae nostrae praedictae consuevit et debet deputari [1373]. Ursprünglich war die Baumeisterei vermutlich selbst ein Amt des Dekans. Schon vor 1013 besaß übrigens das Stift Liegenschaften (Cod. I, 1, 62).
  4. Vgl. Anm. 53 bei Schwarz, Anfänge des Städtewesens in den Elb- und Saalegegenden. Vgl. ferner ebendort S. 6 und 7. – Ein Beispiel, wie Burgwarde als Erhebungsgebiete des Zehnten ausgetauscht wurden, bieten im Jahre 1163 Löbnitz und Prettin. Die Bezirke heißen zwar in der Urkunde Gaue, sind aber Burgwarde. Vgl. auch Kötzschke, S. 12.
  5. Buistrizi ist der urkundliche, mit dem Flußnamen der Weißeritz (Wisteritz, 1206 flumen Bistrice, 1366 Wistricz) zusammenhängende Name des Burgwards. Der Ortsname Pesterwitz kann hiervon nur eine spätere Ableitung sein.