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Die Gräberfelder der sogenannten La-Tène-Zeit und besonders der römischen Kaiserzeit sind in der Elbgegend selten, indessen bezeugen sie, daß die Gegend nicht völlig menschenleer gewesen ist. Auch zur Zeit der römischen Kaiser müssen Germanen im Elbtal gesiedelt haben, mag die Zugehörigkeit der Siedler zu einzelnen Stämmen und ihre Stammesstärke auch dem Streite unterliegen[1].

Um 500 n. Chr. geht in den gesamten Verhältnissen der Landschaft eine große Veränderung vor sich. In der Mitte des ersten Jahrtausends nach Christus rücken slawische Stämme in die Elbgegend ein. Auch der Elbkessel nahe der Weißeritzmündung wird von ihnen besiedelt, es tauchen auf dem Burgberg zu Coschütz Funde auf, die in ihrer Form, in ihrer Herstellungsart und in ihrer Verzierung so gut wie nichts gemein mit den Funden haben, die sich vorher in ununterbrochener Entwicklung zu Coschütz nachweisen lassen.

Mit der Einwanderung der Sorben beginnt die eigentliche Geschichte der Landschaft in der Elbtalgegend. Wenn man von dem Namen der Elbe absieht, sind die slawischen Benennungen der Landschaft die ältesten Geländenamen in der Weißeritzgegend; vorslawische Siedlungen haben uns Spuren hinterlassen, ihre Namen, ihre Flurbezeichnungen aber sind für uns verloren. Der Name der Weißeritz, Prießnitz, Lockwitz, der Lößnitz, Leißnitz, Jeßnitz, des Gamigs, des Goppitz, der Horke und zahlreicher anderer Fluß- oder Geländenamen rührt von den slawischen Einwanderern, den Sorben, wie sie sich nannten, her.

Die ganze Landschaft empfängt einen sorbischen Namen: Nisan, das Tiefland, wird sie genannt, sicher deshalb, weil auch die slawische Besiedlung, wie ihre Vorgängerinnen, sich zunächst den Strom entlang ausbreitete und die Höhen nur, soweit sie leicht zu gewinnen waren, urbar machte.

Die einfachen Bedingungen der natürlichen Lage brachten es in vielen Dingen mit sich, daß die Sorben in die Fußtapfen ihrer Vorgänger traten. Auf den Stellen, wo früher der Strom den Germanen zum Fange gelockt hatte, saß jetzt der sorbische Fischer und baute sein Pfahlwerk in das Wasser hinaus; dort, wo die


  1. Ludwig Schmidt, Die germanischen Bewohner Sachsens vor der Slawenzeit. (Wuttke, Sächs. Volkskunde, 2. Aufl.)