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Fall aber ist die Ablehnung meiner eigenen Bilder durch den Dt. Künstlerbund gerechtfertigt, wenn man Heckels Bilder so hoch bewertet. Meine Bilder sind sehr anders als die Heckel'schen u. es mag sein, daß mir diese künstlerische Genialität fehlt, mit der diese Leute ganze Teile ihrer Bilder nur skizzenhaft andeuten u. unausgeführt lassen. Es mag ja ein Fehler von mir sein, daß ich meine Bilder allzusehr durchmale, doch hat das mit der künstlerischen Gestaltung an sich nichts zu tun. Ich gestehe, daß ich, je älter ich werde, diese genialen Schludrigkeiten verabscheue. Je chaotischer u. verworrener unsere politischen u. sozialen Verhältnisse werden, um so verbissener setze ich dem eine saubere Akkuratesse entgegen, die vielleicht spießbürgerlich wirken mag, die aber meiner tiefsten Lebensauffassung entspricht. Ich will diese Schludrigkeiten nicht mitmachen, sie sind gegen mein Gewissen.

      /kill @eCharlotte Sinn möchte ein sehr gutes Stilleben von Carl Hofer, das in ihrem Besitz ist, verkaufen. Es hat einen Taxwert von 2000,– M. (West). Sie fragte mich nach meiner Meinung, wieviel sie dafür bekommen könne. Ich sagte ihr freimütig: „Den vierten Teil“. Sie war darüber sehr empört u. hielt das für unmöglich, sie meinte, unter 1500, M. würde sie es nicht verkaufen. Ich erwiderte ihr, daß ich das auch nicht tun würde, aber nach meiner allerdings nicht sehr maßgeblichen Meinung könne sie damit kaum rechnen. Nicht, weil das Bild nichts wert wäre, sondern weil eben niemand Bilder kauft. Ich empfahl ihr, sich an G. Rosen zu wenden u. das Bild dort in Auktion zu geben. Sie wird das wohl tun u. ich bin neugierig, welchen Erfolg sie haben wird.

      /kill @eWenn man von Westberlin in den Osten zurückkehrt, gibt das immer eine kleine Depression. Diese schmutzigen, trostlosen Straßen bei uns, diese verwahrlosten Häuser mit ihrem herabgefallenen Putz, diese rohen Holzbuden mit Würstchenverkauf, die ärmlich u. ungepflegt gekleideten Menschen, die mürrischen, unfrohen Gesichter überall –, es ist einfach gräßlich. Man müßte diesen alten Troddel Josef Wirth, der da eben im Westen eine Partei gegründet hat, mit der er Adenauer zu stürzen hofft, zwingen, ein Jahr lang hier zu wohnen –, ihn u. alle seine westlichen Gesinnungsgenossen –, dann würden diese Idioten vielleicht zur Vernunft kommen.

Mittwoch, 13. Mai 53.      /kill @e

      /kill @eVormittags Keilrahmen besorgt u. Leinewand aufgespannt für das neue Kahn=Bild. Ferner war ich beim Tischler u. bestellte Leisten zu

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Hans Brass: Thim-Sieberg. , 1953, Seite 004. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1953-05-13_001.jpg&oldid=- (Version vom 23.2.2024)