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bis Anni mit Bettinchen aus Steglitz zurückkam. Frau K. aß mit uns Mittag. –

     Am Sonntag, den 19.4. sind wir von dem Ehepaar Günter und Cläre Thim=Sieberg in Steglitz, Grunewaldstraße 27 zum häuslichen Musikstudio eingeladen. Es ist das das Ehepaar, das wir kürzlich bei Frau Dr. Falke kennen lernten, der Mann ist Komponist, die Frau Kinderärztin, es sind sehr bemerkenswerte Leute. Gleichzeitig ist dort eine Bilderausstellung eines Malers Leopold Koch. Die Sache ist um 5 Uhr nachmittags. Wir würden sehr gern hinfahren, aber Anni muß am Sonntag unbedingt –, so behauptet sie wenigstens –, nach Brehna fahren u. wir haben niemand, der bei Bettinchen bleibt. – Anni wird mehr u. mehr zu einer zweifelhaften Hilfe. Sie wohnt bei uns frei, hat jetzt ein wirklich sehr schönes Zimmer u. bekommt dazu noch 50,– M. monatlich. Für die grobe Arbeit hat sie eine Frau zur Hilfe. Dennoch werden wir von ihr nur sehr mangelhaft versorgt. Sie stellt das Essen lieblos hin, nachdem sie es lieblos gekocht hat u. kümmert sich um den Haushalt nicht so, wie es zu erwarten wäre. Wenn man ihr was sagt, ist sie obendrein beleidigt. Nur um Bettinchen kümmert sie sich gut, da ist sie verläßlich u. wir nehmen ihre Schwächen deshalb in Kauf. – Was wir nun am Sonntag machen werden, steht noch dahin. Elisab. meint, daß sie Bettinchen am Sonntag nach Fangschleuse bringen will, Frau Krüger ist ja absolut verläßlich, Anni soll dann am Montag Bettinchen wieder abholen. Das geht ja natürlich –, aber was ist das für ein Umstand, – da verzichte ich lieber auf das Musikstudio. –

     Als Elisab. heute Mittag aus dem Dienst kam, brachte sie die Bilder mit, welche ich z. Zt. der Frau Dr. Amansen zur Auswahl mitgegeben hatte. Herr Dr. Amansen entschied sich dafür, das Bild des nächtlichen Liebespaares zu kaufen, doch hat er bisher nie etwas dafür bezahlt, obwohl seine Frau mir u. auch Elisab. mehrfach bestätigte, daß ihr Mann dieses Bild kaufen wolle. Elisab. hat nun Frau Dr. A. um Rückgabe der übrigen Bilder gebeten. Dies geschah heute, aber sie gab nicht bloß die übrigen Bilder zurück, sondern auch das andere verkaufte Bild, wobei sie nicht einmal ein paar Worte der Entschuldigung fand. Es ist das doch der Gipfel von Schäbigkeit. –

Montag, 20. Apr. 53.     

     Da Anni doch nicht nach Brehna fuhr, konnten wir der Einladung nach Steglitz folgen. Es wurden moderne Kompositionen dargeboten von verschiedenen Musici am Flügel, Violine u. Cello, auch sang eine junge Dame. Eine der gebotenen Kompositionen, die am Flügel sehr meisterhaft gespielt wurde, machte starken Eindruck auf mich, das übrige entweder garkeinen

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Hans Brass: Thim-Sieberg. , 1953, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1953-04-20_001.jpg&oldid=- (Version vom 22.2.2024)