Seite:HansBrassTagebuch 1943-08-14 001.jpg

Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du auf dieser Seite.
Sonnabend, 14. Aug. 43.     

     Borchers erzählt mir, daß bis zum vorigen Freitag, – so lange er noch in Hmb. war u. sich als Pionier bei der Aufräumung beteiligen mußte 103.000 Leichen geborgen wurden. Zu dieser Zeit waren aber nur die wichtigsten Stadtteile bearbeitet, unter den Trümmern der übrigen Stadtteile mag noch einmal dieselbe Anzahl liegen. Die Fortschaffung dieser Leichen geschieht auf Lastwagen u. sie werden dann mit Baggern oder Greifern in vorher ausgebaggerte Gruben geworfen, da eine Identifizierung der Leichen völlig unmöglich ist. – Das sind die letzten Früchte menschlich=teuflischer Kultur!

     Die Russen behaupten im Nordrande von Charkow zu stehen, es wird also diese Stadt fallen. Gestern Nacht haben die Engländer Berlin mit Moskito-Bombern angegriffen, doch scheint es nur ein leichter Angriff gewesen zu sein. Außerdem synthetische Treibstofffabriken in Gelsenkirchen u. bei Köln. Die Hauptangriffe aus der Luft sind jedoch in Mailand u. Turin, wo die Angriffe anscheinend sehr schwer waren. Auch die Eisenbahnanlagen bei Rom wurden angegriffen.

     Gestern Abend kam noch einmal Dr. Röthig, nachdem er Nachmittags an einer kleinen Kinderveranstaltung in der Bu Stu. mitgewirkt hatte. Martha hatte seit Wochen jeden Freitag kleine Mädchen nachmittags in der Bu Stu. versammelt, wo unter Leitung von einer Frau Lücke, Witwe eines evang. Pastors, der im Kriege gefallen ist, geheimnisvoll gebastelt wurde. Gestern wurden die Sachen ausgestellt, es waren 17 Schultüten für Kinder, die jetzt hier zur Schule kommen. Die Sachen waren sehr reizend gemacht, einige wirklich bewunderungswürdig. Die Mädchen haben die Ausstellung sehr hübsch mit buntem Papier ausstaffiert u. das Ganze machte einen famosen Eindruck. Die Ausstellung bleibt noch die ganze kommende Woche über. Herr Dr. Röthig trug mit seiner Frau und seinem Sohn Hansel Kinderlieder zur Laute vor u. fand sehr großen Beifall bei den Mädchen. Da er viel Religiöses in seine Vorträge einflocht, war es auch in dieser Weise anregend. – Wie ich jetzt von Fritz höre, war er gestern Abend gekommen, um einige Zigaretten zu erbitten, – aber er war dann wohl doch zu bescheiden, um es zu tun. Es tut mir sehr leid.

Montag, 16. August 1943.     

     Gestern mit Fritz u. Margret gefrühstückt mit Bohnenkaffee u. Ei. Nach dem Frühstück wollten beide an unserer Andacht teilnehmen, doch berührte Fritz das Thema von Margrets geplantem Winterstudium in Berlin. Diese Sache war bereits zwischen Klaus u. Margret wiederholt zur Sprache gekommen u. Klaus hatte ihr sehr eindringlich gesagt, daß dieses eine törichte Idee sei, durch die sie sich von Fritz entfernen würde. Sie sei jetzt eben die Frau von Fritz u. habe als solche in Ahrenshoop zu bleiben, selbst wenn sie sich im Winter arg langweilen sollte. Es war aber schon zu erkennen, daß Klaus sie nicht überzeugen konnte. – Auch an ihren Vater hatte sich M. dieserhalb gewandt, der jedoch alles abgelehnt hatte u. der geantwortet hatte, daß er dazu garnichts tun könne, es sei allein Fritzens Sache. – Klaus hat dann Fritz in Brüssel mehrfach gesprochen u. hat ihn gewarnt. Er hat ihm sehr richtig gesagt, daß Fritz, falls er in dieser Sache nachgeben würde, Margret entgleiten würde. Er hat richtig gemeint, daß man von M. verlangen müsse, als junge Frau jetzt zuhause zu bleiben u. nicht in Bln. eine Zerstreuung zu suchen. In dieser Ueberzeugung kam Fritz auch hierher. Schon sehr bald kam er dann zu mir, um mit mir die Sache zu besprechen, da M. wiederum davon angefangen hatte. Ich habe Fritz gesagt, daß er unbedingt in der Ablehnung fest bleiben müsse

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1943-08-14. , 1943, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-08-14_001.jpg&oldid=- (Version vom 15.5.2024)