Seite:HansBrassTagebuch 1943-08-09 001.jpg

Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du auf dieser Seite.
Montag, 9. Aug. 1943.     

     Vormittags Erzpr. Feige bei mir. Im vorigen Jahre hatte er mich halb scherz= halb ernsthaft zum Vorsteher der kathol. Gemeinde in Ahrenshoop ernannt, die freilich zunächst nur aus Martha u. mir besteht. Heute Morgen besprach er mit mir sehr ernsthaft die Möglichkeiten. Ich erzählte ihm von Frau Asta Smith, die nun ja wohl bald kommen wird, um den Konvertiten-Unterricht bei mir zu nehmen u. ich berichtete, wie ich mir diesen Unterricht denke nämlich ganz schlicht u. einfach an Hand des Katechismus, indem es m. E. garnicht so sehr darauf ankommt, Dogmatik zu treiben, als Christus zu begegnen. Meine Anschauung fand seine volle Billigung. Er empfahl mir, Bibelstunden einzurichten, was wiederum auch mir schon längst als wünschenswert erscheint. Zum Schluß ermunterte er mich, meinen Weg wie bisher ruhig weiter zu gehen, da seiner Ansicht nach Gott für mich hier eine besondere Mission im Auge habe.

     Die Angst u. Nervosität des Publikums läßt langsam nach. Der Angriff auf Hamburg ist vorbei, neue Angriffe sind inzwischen nicht gewesen, u. schon fangen die lieben Deutschen wieder an, nach Rache u. Vergeltung zu schreien u. von der Notwendigkeit unseres Sieges zu reden. – Lehrer Deutschmann, unser politisches Leiter, ist zurück von einer großen Tagung, auf der die Richtlinien für die nächste Zeit besprochen worden sind. Er hat erklärt, daß Ahrenshoop für evakuierte Berliner ausersehen sei. Für die Bevölkerung sei pro Kopf ein Zimmer zugebilligt. Das kann in unserem Hause ja nett werden, nachdem die Zimmer fast alle ineinander übergehen. Man will Oefen aufstellen, um die nicht heizbaren Räume bewohnbar zu machen. –

Auf Sizilien sind die Amerikaner an der Nordküste in unserem Rücken neu gelandet. Der Fortschritt der Russen wird zugegeben, indem von Kämpfen westlich Bjelgorod gesprochen wird, obgleich bisher noch nichts davon gesagt worden ist, daß wir Bjelgorod geräumt hätten. Mailand, Turin u. Genua sind sehr schwer bombardiert worden.

     An Paul Künzel Zigaretten geschickt. – Wetterumschwung: Sturm, Regen, kaltes Herbstwetter.

Mittwoch, 11. August 1943.     

     Gestern kam Fritz. Wir warteten mit dem Essen, doch wurde es 1/2 3 Uhr, bis er eintraf. Mit ihm kam Borchers, der Schwiegersohn Papenhagens. Er hatte eine Kiste bei sich u. sagte, daß dies seine ganze Wohnungseinrichtung sei; alles andere ist verbrannt. Der kleine, schwächliche Mensch war noch weniger geworden u. sah in seiner schäbigen Pionier-Uniform sehr erbarmungswürdig aus.

     Fritz machte einen sehr veränderten Eindruck; es war, als ob er Dinge dächte, von denen wir nichts wissen. Man muß abwarten. Abends erwarteten wir Herrn + Frau Triebsch, da Frau T. mich gebeten hatte, ihren Mann u. Pfr. Feige zusammenzubringen. Martha hatte einen Apfelkuchen backen lassen. Pfr. Feige u. P. Dubis kamen, aber Triebsch'ens blieben aus. Es muß wohl ein Mißverständnis vorgelegen haben. Während wir oben im Wohnzimmer sprachen, ertönte aus der Diele ein Guitarrespiel u. der wunderschöne Gesang eines frommen Abendliedes. Als der Gesang verklungen war, ging ich in die Diele, hörte aber nur noch, daß jemand das Haus durch die

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1943-08-09. , 1943, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-08-09_001.jpg&oldid=- (Version vom 15.5.2024)